Rz. 80

Der Verwalter wird vom Gericht ausgewählt. Hierbei ist es (Ausnahme siehe § 1 Rn 107) an Wünsche und Vorschläge des Gläubigers nicht gebunden.

Niemand ist verpflichtet, das Amt des Zwangsverwalters anzunehmen. Immer schwierigere und haftungsträchtigere Verfahren und entsprechend höhere Anforderungen an die Qualifikation erfordern eine steigende Sorgfalt bei der Auswahl des Verwalters. Neben der ohnehin zu fordernden Sachkunde soll es sich um eine unabhängige, sozialkompetente Persönlichkeit handeln, welche in der Lage ist, das Amt interessengerecht zu führen, und bei den Betroffenen (Gläubigerbanken, Gemeinden, Energieversorgern, WEG-Verwaltern, Mietern etc.) die erforderliche Akzeptanz erfährt.

 

Rz. 81

In § 1 Abs. 2 ZwVwV sind folgende Kriterien festgelegt:

Es muss eine "natürliche Person" sein; juristische Personen dürfen nicht bestellt werden.
Sie muss "geschäftskundig" sein, also wirtschaftliche und steuerliche Grundkenntnisse haben.
Sie muss eine zur Führung der Verwaltung ausreichende Büroausstattung besitzen.

Zeitgeistgerecht glaubte man ausdrücklich regeln zu müssen, dass es "Zwangsverwalter und Zwangsverwalterinnen" geben kann.

Mit der Vorgabe von Auswahlkriterien übersteigt der Verordnungsgeber ohnehin seine ihm in § 152a ZVG übertragenen Befugnisse,[74] so dass die freie Auswahl unberührt bleibt (wegen der Versicherung, § 1 Abs. 4 ZwVwV, siehe § 2 Rn 540).

 

Rz. 82

Das OLG Koblenz[75] hat nunmehr für die Verwalterauswahl folgende Grundsätze aufgestellt:

Da es für den Zwangsverwalter kein eigenständiges Berufsbild gibt, ist ein Vorauswahlverfahren[76] nicht erforderlich.
Führt das Gericht ein solches Verfahren durch, treffen den Bewerber Mitwirkungspflichten, deren Verletzung die Verweigerung der Aufnahme in eine "Zwangsverwalterliste" rechtfertigen kann.
Neben der ohnehin in § 1 Abs. 4 ZwVwV vorgeschriebenen Haftpflichtversicherung sind Ortsnähe, schnelle Erreichbarkeit und ein ausreichend eingerichtetes Büro – dessen Existenz auch bei einem Anwalt nicht unbedingt vorausgesetzt werden kann – sachgerechte Auswahlkriterien.
Solche Auswahlkriterien sind Teil der Rechtsprechung, kein Justizverwaltungsakt.
 

Rz. 83

Nach der Auffassung des OLG Frankfurt[77] ist der für den jeweiligen Einzelfall bestgeeignete Verwalter zu bestellen und es bestehe keine Notwendigkeit, diese Entscheidung gegenüber anderen Bewerbern zu begründen. Das Rechtsstaatsprinzip gebiete nicht die unbegrenzte Optimierung des gerichtlichen Rechtsschutzes gegenüber anderen Bewerbern, wie auch schon Depré[78] zutreffend festgestellt hatte.

 

Rz. 84

Das Bundesverfassungsgericht[79] hat hierzu festgestellt, dass dem Rechtspfleger bei der Auswahl des Verwalters ein Auswahlermessen zusteht, das er pflichtgemäß, also nicht nach freiem Belieben, ausüben muss. Auch geeignete Bewerber haben keinen Anspruch dahingehend, dass sie ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalles[80] ständig oder anteilmäßige Berücksichtigung finden.

Rechtsschutz wird einem übergangenen Erwerbers allenfalls im konkreten Einzelfall gewährt, nicht aber für einen Anspruch auf generelle (grundsätzliche) Berücksichtigung.

Für den Einzelfall hat der BGH[81] den Antrag eines nicht bestellten Verwalters auf Überprüfung seiner Nichtberücksichtigung nach § 28 Abs. 1 S. 4 EGGVG als zulässig angesehen. Eine Beschwerde gegen die bereits erfolgte Bestellung des Verwalters oder die Anfechtung dieser Bestellung ist nicht möglich.

Da eine Vorauswahlliste nicht erforderlich ist, darf auch kein gerichtlicher Bescheid ergehen, der zur Annahme führen könnte, es gäbe eine solche Liste.[82]

[74] So zutreffend die Stellungnahme des Bundes Deutscher Rechtspfleger, abgedr. im "Rechtspflegerblatt" 2003, 21.
[75] OLG Koblenz ZInsO 2005, 1174 m. Anm. Förster, Rpfleger 2005, 618 m. Anm. Kirsch.
[76] Für den Insolvenzverwalter BVerfG NJW 2004, 2725.
[77] Rpfleger 2009, 102.
[78] ZfIR 2006, 565.
[79] BVerfG Rpfleger 2010, 436; ZfIR 2010, 335; IGZInfo 2010, 106.
[80] Zu den "Umständen des Einzelfalles" und das so genannte "Hannoveraner Modell" Neubert, ZinsO 2010, 73.
[81] ZfIR 2012, 885 mit Anm. Bergsdorf/Michel.
[82] OLG Hamm IGZInfo 2013, 43; Rpfleger 2013, 163.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?