Rz. 555

Zwar sieht § 150 Abs. 2 ZVG vor, dass der Verwalter in den Besitz des Grundstücks durch einen Beamten oder Gerichtsvollzieher eingewiesen werden kann; die Erlaubnis, sich selbst den Besitz zu verschaffen, ist jedoch in der Praxis allgemein üblich.

Für die Ergreifung des Besitzes kommt es zunächst darauf an, ob der Schuldner unmittelbarer oder nur mittelbarer Besitzer ist. Hat der Schuldner überhaupt keinen Besitz, kann sich auch der Verwalter den Besitz nicht verschaffen.[25] Soweit die Zwangsverwaltung nicht gegen den Eigenbesitzer (siehe § 1 Rn 32) angeordnet werden kann, obliegt es dem Gläubiger (nicht aber dem Zwangsverwalter) durch Pfändung des evtl. Schuldneranspruchs auf Besitzverschaffung (mittelbarer Besitz würde genügen) und Klage gegen den besitzenden Dritten (Übertragung des Besitzes auf den Schuldner) die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsverwaltung zu schaffen (siehe § 1 Rn 73).

 

Rz. 556

Umstritten ist, ob der Zwangsverwalter persönlich handeln muss, um den unmittelbaren Besitz des Objektes zu ergreifen. Nach der hier vertretenen Auffassung erfordert § 1 Abs. 3 ZwVwV persönliches Handeln, zumal er über die Besitzergreifung (Realakt) einen Bericht zu erstatten hat (§ 3 ZwVwV), den er nach allgemeiner Meinung nicht delegieren kann. Er müsste also über ein reales Geschehen berichten, das er nicht selbst wahrgenommen hat. Trotz des Trends zum "Delegationsbetrieb"[26] bleiben die Verfasser bei ihrer Auffassung, dass die Ergreifung des unmittelbaren Besitzes nicht delegiert werden kann.[27]

Wird ihm nur der mittelbare Besitz übertragen (§ 868 BGB), kann er sich vertreten lassen. Die Verständigung der Mieter etc. kann ein qualifizierter Mitarbeiter übernehmen.

 

Rz. 557

Nach Ansicht der Verfasser kann ein Zwangsverwalter die Verwaltung nicht ordnungsgemäß führen, wenn er das Objekt nie gesehen hat und sich nur auf die Berichte seiner Mitarbeiter verlässt. Die Kenntnis des Objektes aus eigener Anschauung ist Grundlage einer guten Verwaltung, weshalb er die Besitzergreifung auch dann persönlich vornehmen sollte, wenn die Rechtslehre künftig eine Delegation billigt. Auch wenn der Verwalter einen großen Bezirk betreut, muss er sich einen persönlichen Eindruck verschaffen. Dass hierzu eine weite Anfahrt erforderlich wird, hat er in Kauf zu nehmen. Nach hiesiger Auffassung wird das Delegationsrecht überschritten und der Verwalter wird seiner Verantwortung nicht gerecht, wenn er das Objekt überhaupt nicht kennt und die gesamte Verwaltung einem Mitarbeiter überlässt, der es für ihn in Besitz genommen hat.

[25] BGH Rpfleger 1986, 26.
[26] HFWH, § 1 ZwVwV Anm. 10 ff., dazu auch Hintzen, IGZInfo 2010, 55 (56) und das LG Braunschweig ZfIR 2009, 105.
[27] So auch Sessig/Fischer, Die Inbesitznahme im Zwangsverwaltungsverfahren, IGZInfo 2012, 11 mit zutreffender Begründung.

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