Rz. 5

Im Gegensatz zur Vor- und Nacherbschaft wird der Testamentsvollstrecker nicht Eigentümer des Nachlasses im Sinne der Gesamtrechtsnachfolge, sondern er ist nur Verwalter eines fremden hinterlassenen Vermögens, wobei ihm die tatsächliche Sachherrschaft obliegt. Gleichwohl hat er im Außenverhältnis eine weitergehende Rechtsmacht als der Vorerbe, vgl. § 2205 Satz 2 und Satz 3 BGB einerseits und betreffend die Beschränkungen des Vorerben § 2113 BGB andererseits. Der Testamentsvollstrecker hat also die Stellung eines Treuhänders und ist gleichzeitig Träger und Inhaber eines privaten Amtes. Daher wird die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers wie beim Nachlass- und Insolvenzverwalter als Amt bezeichnet. Der Testamentsvollstrecker übt also seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über den Nachlass kraft eigenen Rechts aus, und zwar unabhängig vom Willen der Erben allein zur Vollziehung des letzten Willens des Erblassers. Seine Rechtsstellung ist der eines gesetzlichen Vertreters angenähert.

 
Hinweis

Die Übernahme der Testamentsvollstreckung ist eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten.

Das "Amt" beginnt mit der Annahme, die nach Eintritt des Erbfalls gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären ist, vgl. § 2202 BGB, aber auch verweigert werden kann. Die Annahmeerklärung ist bedingungsfeindlich und unwiderruflich.

Erklärt sich der berufene Testamentsvollstrecker nicht, so kann ihm das Nachlassgericht auf Antrag nach § 2202 Abs. 3 BGB eine Frist hierfür setzten, nach deren Ablauf das Amt als abgelehnt gilt. Das Schweigen des zur Testamentsvollstreckung Berufenen gilt in diesem Fall also ausnahmsweise als Willenserklärung.

 

Rz. 6

Die Grenzen der Rechtsmacht des Testamentsvollstreckers ergeben sich aus seiner Rechtsstellung als Treuhänder. Entgegen einer verbreiteten Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist nicht auf den Erblasserwillen[1] abzustellen, um den Umfang der Rechtsmacht des Testamentsvollstreckers zu ermitteln. Für die Bestimmung des zulässigen Umfanges seiner Rechtsmacht ist insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Erben als wahren Eigentümern des Nachlasses Bedeutung beizumessen. Es gilt zu berücksichtigen, ob der Erblasser mit der Anordnung der Testamentsvollstreckung über die Beschränkung der Dispositionsbefugnis über den Nachlass bzw. einen Nachlassgegenstand hinaus eine (unzulässige) Beschränkung der Willensfreiheit der Erben bezweckte.

Der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers liegt auf der Besorgung wirtschaftlicher Belange. Der Erblasser hat jedoch die Möglichkeit, den Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers aus § 2203 BGB im Rahmen seiner letztwilligen Verfügung ausdrücklich oder konkludent zu beschränken, § 2208 BGB. Hier sind zeitliche, inhaltliche und gegenständliche Beschränkungen möglich. Auch kann die Wirksamkeit der Verfügungen des Testamentsvollstreckers von der Zustimmung eines Dritten abhängig gemacht werden oder sich lediglich in dem Vollzug einer einzigen Auflage erschöpfen. Schließlich können für verschiedene Aufgabenbereiche auch unterschiedliche Testamentsvollstrecker bestimmt werden.

 

Rz. 7

Zunächst wurde differenziert, ob die Testamentsvollstreckung aus geschäftsmäßigem Anlass besteht oder nicht. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass die Testamentsvollstreckung keine Rechtsberatung i. S. d. Art. 1 § 1 Abs. 1 des zum 1.7.2008 durch das Rechtsdienstleistungsgesetz abgelösten Rechtsberatungsgesetzes ist.[2]

Da der Testamentsvollstrecker nicht an Weisungen des bzw. der Erben gebunden ist, erfolgt seine Amtsausübung aus eigenem Recht und in eigenem Namen, unabhängig vom Willen der Erben, aber nicht mit Wirkung für seine Person, sondern im Interesse und für die Person des/der Erben. Allein durch das Gesetz und durch die in der testamentarischen Verfügung des Erblassers getroffenen Anordnungen ist der Testamentsvollstrecker gebunden und verpflichtet. Er ist – wenn vom Erblasser nicht anders bestimmt – zur Inbesitznahme und alleinigen Verwaltung des Nachlasses, zur Verfügung über die Nachlassgegenstände, bei mehreren Erben zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft berechtigt und in Bezug auf den Nachlass prozessführungsbefugt. Aufgrund dessen ist es dem Testamentsvollstrecker gemäß § 2212 BGB möglich, im Rahmen der ihm übertragenen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse aktiv Prozesse zu führen und die zum Nachlass gehörenden Rechte geltend zu machen. Den Rechtsstreit führt er hierbei im eigenen Namen, wenngleich in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker, d. h. ausschließlich für Rechnung des Nachlasses. Wie sich § 327 ZPO entnehmen lässt, entfaltet eine gerichtliche Entscheidung allein Wirkung für und gegen den/die Erben.

Der Testamentsvollstrecker ist als Inhaber eines privaten Amtes weder Vertreter des Nachlasses noch Vertreter der Nachlassgläubiger noch Vertreter der Erben. Da allerdings seine Rechtsstellung vertreterähnlich ist, ist nach der Rechtsprechung das Verbot des Selbstkontrahierens gemäß § 181 BGB entsprechend auf die Tä...

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