Leitsatz
Besteht keine vertragliche Bindung zwischen dem Eigentümer und dem Wohnungsberechtigten, der einer außerhäuslichen Pflege bedarf, wird der Eigentümer, der die Wohnung eigenmächtig vermietet, durch die Einnahme der Mietzinsen nicht auf Kosten des Wohnungsberechtigten bereichert.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB §§ 812, 1093
Kommentar
A übertrug das Eigentum an einem Hausgrundstück im Jahr 1995 auf B gegen Einräumung eines Wohnungsrechts an der Erdgeschosswohnung und Zahlung einer monatlichen Rente. B schenkte das Hausgrundstück im Jahr 2002 seiner Ehefrau C. Die Inhaberin des Wohnrechts A lebt seit 2006 in einem Pflegeheim. Die Eigentümerin C hat die ehemalige Wohnung der A im Jahr 2008 zu einer monatlichen Miete von 250 EUR an einen Dritten vermietet. A benötigt die Mieteinnahmen zur Deckung der Pflegekosten. Sie nimmt deshalb C auf Herausgabe der Mieteinnahmen in Anspruch. Nach Ansicht des Berufungsgerichts muss C die Hälfte der Mieteinnahmen an A herausgeben. Der BGH hat das Urteil aufgehoben.
1 Erlöschen des dinglichen Wohnrechts
Nach der Rechtsprechung des BGH erlischt ein dingliches Wohnrecht auch dann nicht, wenn es der Berechtigte aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen nicht mehr ausüben kann (BGH, Urteil v. 19.1.2007, V ZR 163/06, NJW 2007 S. 1884, Rz. 13). Mangels anderweitiger vertraglicher Regelung ist weder der Eigentümer noch der Inhaber des Wohnrechts berechtigt, die Wohnung zu vermieten.
Vermieten mit Zustimmung des Anderen
Jedoch ist eine Vermietung durch den Eigentümer oder den Berechtigten möglich, wenn der jeweils andere Teil zustimmt.
2 Auslegen des Bestellungsvertrags
Unter bestimmten Voraussetzungen kann aus einer ergänzenden Auslegung des Vertrags über die Bestellung des Wohnrechts ein Anspruch auf Vermietung abgeleitet werden.
Dieser Weg kam hier nicht in Betracht, weil C nicht Partei des Bestellungsvertrags ist.
3 Nur Unterlassungsanspruch der Vermietung
Ein Anspruch aus Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) besteht in Fällen der vorliegenden Art nicht. Dies gilt sowohl bei einer unberechtigten Vermietung durch den Eigentümer als auch bei einer unberechtigten Vermietung durch den Inhaber des Wohnungsrechts.
Die jeweils Beteiligten können den jeweils anderen Teil nur auf Unterlassung der Vermietung in Anspruch nehmen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 13.7.2012, V ZR 206/11, NJW 2012 S. 3572