Leitsatz
Leitsatz: Bei einer Doppelvermietung von Gewerberaum kommt ein Anspruch des nichtbesitzenden (Erst-)Mieters gegen den Vermieter auf Herausgabe der durch die weitere Vermietung erzielten Miete nach § 281 BGB a. F. jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der (nichtbesitzende) Mieter die Mietsache nicht in der Weise hätte nutzen dürfen wie der Zweitmieter. Insoweit fehlt es an der gemäß § 281 BGB a. F. erforderlichen Identität zwischen geschuldetem Gegenstand und dem, für den Ersatz erlangt worden ist (amtlicher Leitsatz des BGH).
Normenkette
BGB §§ 536, 285
Kommentar
Der Vermieter hatte an den Mieter ein Grundstück zur Nutzung als Parkplatz zu einer Jahresmiete von 48.000 DM vermietet. Nach der Übergabe der Mietsache an den Mieter vermietete der Vermieter ohne Zustimmung des Mieters eine Teilfläche desselben Grundstücks an Markthändler zum Betrieb von Verkaufsständen. Die Markthändler haben auf dem Teilgrundstück ihre Stände aufgeschlagen und die vereinbarte Miete an den Vermieter bezahlt. Der Mieter des Gesamtgrundstücks hat den Vermieter auf Herausgabe der von den Markthändlern gezahlten Miete in Anspruch genommen.
Wird dieselbe Sache an mehrere Personen vermietet, so spricht man von einer "Doppelvermietung". Wird die Mietsache einem der beiden Mieter überlassen, so kann der andere (übergangene) Mieter Schadensersatzansprüche nach § 536a BGB geltend machen, weil die Doppelvermietung als Rechtsmangel i. S. v. § 536 Abs. 3 BGB zu bewerten ist. Sind die Einnahmen des Vermieters aus der Doppelvermietung höher als die vom übergangenen Mieter geschuldete Miete, so fragt sich, ob der übergangene Mieter die Mehreinnahmen aus der Doppelvermietung herausverlangen kann. Ein solcher Anspruch könnte sich aus § 281 BGB a. F. = § 285 BGB n. F. ergeben. In dieser Vorschrift ist Folgendes geregelt:
"Erlangt der Schuldner infolge des Umstands, aufgrund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen."
Nach herrschender Meinung werden die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen von den mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften verdrängt (BGHZ 63, 132, 137; NJW 1996, 714; Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, Mietrecht § 536 BGB Rdn. 271; Lindtner-Figura, Geschäftsraummiete Kap. 14 Rdn. 69, 213; Emmerich, NZM 2002, 362, 364; a. A: Hilger, ZMR 1988, 41). Allerdings ist umstritten, ob die Regelung des § 285 BGB zu den Vorschriften über die Leistungsstörungen gehört. Der BGH lässt dies offen. Er ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen des § 281 BGB a. F. = § 285 BGB n. F. nicht vorliegen. Nach Ansicht des BGH setzen die genannten Vorschriften nämlich voraus, dass der geschuldete Gegenstand (hier: die Überlassung des Grundstücks zur Nutzung als Parkplatz) und das vom Vermieter Erlangte (hier: die von den Markthändlern gezahlte Miete für die Nutzung als Standplatz für Verkaufsstände) identisch sind. Dies wird für den vorliegenden Fall verneint, weil der Mieter aufgrund des Mietvertrags das Grundstück nur als Parkplatz, nicht aber als Verkaufsplatz nutzen durfte. Damit fehlt es an der erforderlichen Identität.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 10.05.2006, XII ZR 124/02