Leitsatz
Das in dem Bestandsverzeichnis der Teilungserklärung als "Ladenwohnung" gekennzeichnete und durch einen eigenen Eingang von der übrigen Wohnungseigentumsanlage getrennte Sondereigentum darf gewerblich genutzt werden als Café für Drogenabhängige oder -gefährdete Personen, die dort zur allgemeinen Geschäftszeit außer kleinen Speisen und Getränken auch medizinische Versorgung und Rechtsrat sowie Gelegenheit zur Körperpflege erhalten.
Sachverhalt
Die im Erdgeschoß liegende Sondereigentumseinheit eines Eigentümers ist im Bestandsverzeichnis der Teilungserklärung als "Ladenwohnung" bezeichnet. Der Eigentümer hat die Wohnung zum Betrieb einer Drogenberatungsstelle vermietet, der Mieter betreibt einen sog. "Szeneladen für Junkies". Drogengefährdete und -abhängige Personen erhalten hier Getränke sowie kleinere Speisen, medizinische Versorgung und Gelegenheit zur Körperpflege. Die Einrichtung, die durch einen separaten Eingang von dem Eingangsflur der Wohneigentumsanlage getrennt ist, wird während der öffnungszeiten von bis zu 60 Besuchern genutzt. Einer der Wohnungseigentümer begehrt die Schließung dieser Einrichtung.
Entscheidung
Erfolglos - der in der Teilungserklärung enthaltene Begriff "Ladenwohnung" konnte durchaus dahingehend ausgelegt werden, daß er auch das hier in Rede stehende Drogencafé erfaßt.
In der Bezeichnung als "Ladenwohnung" liegt eine Zweckbestimmung im Sinne von § 15 Abs. 1 WEG, die eine gewerbliche Nutzung des Sondereigentums zuläßt. Dies kam vorliegend auch noch durch die Gemeinschaftsordnung der Eigentumsanlage zum Ausdruck, wonach - anders als bei den Wohnungen, die nicht als Ladenwohnung bezeichnet sind - die gewerbliche Nutzung nicht der Zustimmung des Verwalters und somit auch nicht der Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft bedurfte.
Der Beschreibung als "Ladenwohnung" ist weiter eine Nutzungsbeschränkung dahingehend zu entnehmen, daß die Räume grundsätzlich als Laden während der normalen Ladenöffnungszeiten genutzt werden dürfen, ein Gaststättenbetrieb mit Publikumsverkehr während dieser Zeiten also grundsätzlich unbedenklich ist. Jedenfalls ist jede gewerbliche Nutzung zulässig, die der Zweckbestimmung "Laden" nicht widerspricht und für die übrigen Wohnungseigentümer keine konkrete Beeinträchtigung verursacht, die die mit dem gewöhnlichen Betrieb eines Ladens regelmäßig verbundenen Beeinträchtigungen überschreitet.
Konkrete Gefährdungen der übrigen Wohnungseigentümer gehen hier bei dem Betrieb des Drogencafés nicht aus. Die öffnungszeiten überschreiten auch die für einen kleinen Laden üblichen Zeiten nicht, zudem verfügt der Laden über einen eigenen Eingangsbereich, so daß die Besucher des Drogencafés mit den übrigen Hausbewohnern nicht in unmittelbaren Kontakt kommen müssen.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 18.11.1998, 24 W 8659/97
Fazit:
Grundsätzlich unzulässig ist aber der Betrieb einer Arztpraxis zur Beratung von Jugendlichen in einer Eigentumswohnung. In einer entsprechenden Entscheidung des OLG Frankfurt wurde in einer Eigentumswohnung, die ohne Zustimmung der Wohnungseigentümer allenfalls zu einer freiberuflichen Tätigkeit als Arzt, Anwalt, Steuerberater und Architekt genutzt werden durfte, unter Einbeziehung weiterer Wohnungen die Betreuung Jugendlicher in einem "heimähnlichen Charakter" betrieben.