Leitsatz

Über Sonderwunsch erstelltes Schwimmbad und errichteter Kamin auf der Dachterrasse eines Wohnungseigentums duldungspflichtig

 

Normenkette

§ 13 Abs. 1 WEG, § 14 Nr. 1, 4 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 44 Abs. 1 WEG, § 1004 BGB

 

Kommentar

Ansprüche der restlichen Gemeinschaft auf endgültige oder vorübergehende Entfernung eines Schwimmbeckens und eines Kamines, die in Abweichung von den ursprüchlichen Bauplänen (Aufteilungsplan) auf einer Dachterrasse im Zuge der Errichtung des Gebäudes (als Sonderwunsch) gebaut wurden, sind im vorliegenden Fall nicht begründet. Die Voraussetzungen eines Anspruches nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG liegen hier nicht vor, da ein Wohnungseigentümer mit seinem Sondereigentum nach § 13 Abs. 1 WEG grundsätzlich "nach Belieben verfahren" könne. Nur im Falle einer Störung und Beeinträchtigung besteht der Anspruch, wenn Antragsteller nicht zur Duldung verpflichtet sind ( § 1004 Abs. 2 BGB). Eine Duldung ist dann anzunehmen, wenn sich die Eigentumsnutzung in den Grenzen der §§ 13 Abs. 1 und 14 Nr. 1 WEG hält (im vorliegenden Fall sind die Grenzen nicht überschritten; keine Statikbedenken und keine Dichtigkeitsprobleme der Dachabdeckung lt. Gutachten aus der Tatsacheninstanz); andere mögliche Störungen können nicht eine Beseitigung des gesamten Schwimmbeckens zur Folge haben.

§ 14 Nr. 4 WEG bedeutet auch nur, dass Wohnungseigentümer durch Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum Vermögensschäden eines Sondereigentümers zu ersetzen haben.

Unterstellt man, dass Schwimmbad und/oder Kamin nach Einbau dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzuordnen sind, handelt es sich nicht um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG mit entsprechender Beseitigungsverpflichtung. § 22 Abs. 1 enthält zum einen keine Anspruchsgrundlage und ist zum anderen nicht auf die Baumaßnahmen anwendbar, die im Zuge der Errichtung des Gebäudes vorgenommen wurden (BayObLG vom 27. 3. 1986, NJW - RR 86, 954 und vom 24. 9. 1986, WuM 87, 164).

Ein Wohnungseigentümer, der ein Sondereigentum in bestimmter baulicher Gestaltung erwirbt, ist nicht schon deshalb Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG, weil der Zustand der Räume von dem in der Teilungserklärung und/oder Gemeinschaftsordnung Vorgesehenen abweicht.

Daran ändert auch nichts, dass Planänderungen aufgrund etwaiger Sonderwünsche von Erwerbern durch einen Veräußerer vorgenommen wurden. Aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis unter Eigentümern ergibt sich ebenfalls keine Anspruchsgrundlage für die Beseitigungsanträge, da vor Abschluss des jeweiligen Kaufvertrages zwischen der Antragsgegnerseite und den übrigen Kaufinteressenten oder künftigen Mitgliedern der Gemeinschaft kein gesetzliches Schuldverhältnis und auch keine vertragliche Beziehung bestand.

Auch als Maßnahme der erstmaligen plankorrekten Herstellung eines einwandfreien Zustandes kann zumindest nicht auf Kosten der betreffenden Eigentümerseite (Antragsgegnerin) die Entfernung dieser Einbauten gefordert werden, da dieser Anspruch seinem Wesen nach nur darin bestehe, dass der Zustand auf Kosten der Gemeinschaft hergestellt werde; dieser Anspruch wurde vorliegend nicht behauptet, sodass die Frage offenbleiben könne, ob die übrigen Voraussetzungen eines solchen Anspruches vorliegend gegeben wären.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 20.11.1987, BReg 2 Z 91/87)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichen der Miteigentümer

Anmerkung:

Die Entscheidung bestätigt erneut, dass die Wirkungen und Folgen auch nachteiliger baulicher Veränderungen im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG erst dann aktuell werden können, wenn tatsächlich nachträglich (also nach endgültiger Erstellung der Wohnanlage) [aus heutiger Sicht wohl nach Entstehung der faktischen Gemeinschaft] Veränderungen an Sonder- und/oder Gemeinschaftseigentum vorgenommen [begonnen] werden; damit werden Sonderwunschänderungen einzelner Eigentümer noch in der Bauerrichtungsphase zumindest erst einmal mittelbar toleriert (zumindest keine Beseitigungs- und Wiederherstellungspflichten durch den "Störer"), selbst wenn durch Sonderwunschleistungen eine erhebliche Abweichung vom ursprünglichen Planzustand und Beschrieb der Anlage erfolgte. Eine Beseitigungs- und Wiederherstellungsmaßnahme auftrags und zu Kostenlasten der Gesamtgemeinschaft, um den ursprünglichen, genehmigten Planzustand wiederherzustellen, wurde meines Wissens in diesen und ähnlichen Fällen bis heute nie verwirklicht, sodass vielfach auch nachteilige Sonderwunschänderungsmaßnahmen in der Bauerstellungsphase "ungesühnt" blieben.

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