Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Das Auswechseln von Fenster- und Fenster-Tür-Elementen in kleiner Reihenhausanlage als duldungspflichtige bauliche Veränderung
Zustimmungspflichten (widersprüchliche Regelung in der Gemeinschaftsordnung)
Nachteils-Definition (Zustimmungspflicht nur bei erheblicher, nachteilig ins Gewicht fallender und damit unzumutbarer Änderung)
Normenkette
§ 14 WEG, § 22 Abs. 1 WEG
Kommentar
1. Ist in einer Gemeinschaftsordnung widersprüchlich geregelt, dass bei baulichen Veränderungen zum einen die schriftliche Zustimmung des Verwalters erforderlich ist und zum anderen Duldungspflicht nach mehrheitlicher Beschlussfassung besteht, kann nicht angenommen werden, dass anstelle der gesetzlich vorgeschriebenen Zustimmung aller betroffenen Miteigentümer (vgl. BGHZ 73, 196) allein die schriftliche Zustimmung des Verwalters treten soll. Dennoch wurde im vorliegenden Fall bei Fensterveränderungen in einer aus 3 Reihenhäusern bestehenden Eigentumswohnanlage eine Beschlussanfechtung zurückgewiesen.
2. Für die Annahme eines Nachteils im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG bei einer baulichen Veränderung genügt nicht jede äußerliche Veränderung; vielmehr muss es sich um eine erhebliche, nachteilig ins Gewicht fallende Änderung handeln, deren Hinnahme für den Miteigentümer nicht mehr zumutbar ist, während geringfügige, unter der Schwelle des § 14 Nr. 1 WEG liegende Eingriffe nicht genügen (vgl. auch BGH, NJW 92, 978, 979; a.A. KG Berlin, WM 91, 128 und BGHZ 73, 196, 201). Vorliegend wurde das Zustimmungsrecht eines Nachbareigentümers und Antragstellers verneint. Damit konnte auch ein mehrheitlich gefasster Gestattungsbeschluss (unabhängig von der Frage, ob er zulässig oder nötig war) nicht mit Erfolg angefochten werden (BayObLG, NJW-RR 93, 206; unveröffentlichter Senatsbeschluss: BayObLG, vom 03.06.1996, 8 W 380/95). Änderungen am äußeren Erscheinungsbild einer Wohnanlage können alle Miteigentümer in ihren Rechten nachteilig betreffen; es muss sich allerdings um eine erhebliche, nachteilig ins Gewicht fallende Änderung handeln (unterhalb der Geringfügigkeitsschwelle des § 14 Nr. 1 WEG). Bei der Beurteilung der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes kann auch die konkrete Art der Gestaltung einer Wohnanlage nicht außer Betracht bleiben. Hier handelte es sich um ein atypisches Wohnungseigentum mit zweckmäßiger und weitgehender Konfliktreduzierung unter Nachbarn, die aufgrund des weit überwiegenden Einzeleigentums individuelle Varianten gewöhnt sind und im Erscheinungsbild weit weniger Einheitlichkeit erwarten als etwa bei Hochhausanlagen oder Mehrhausgroßanlagen. Diese sozialen Gegebenheiten sind auch im Rahmen der Wertung des § 14 WEG zu berücksichtigen.
Link zur Entscheidung
( OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.11.1998, 8 W 308/97= DWE 2/1999, 84)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer