Leitsatz
Artikel 25 der 6. EG-Richtlinie ist dahin auszulegen, dass ein landwirtschaftlicher Erzeuger, der einen Teil der wesentlichen Elemente seines landwirtschaftlichen Betriebes langfristig verpachtet und/oder vermietet hat und mit dem Restbetrieb seine Tätigkeit als Landwirt, hinsichtlich deren er unter die gemeinsame Pauschalregelung nach dieser Vorschrift fällt, fortsetzt, die Umsätze aus einer solchen Verpachtung und/oder Vermietung nicht nach dieser Pauschalregelung behandeln darf. Der damit erzielte Umsatz muss nach der normalen oder gegebenenfalls der vereinfachten Mehrwertsteuerregelung behandelt werden.
Problematik
Ein Landwirt mit Pauschalbesteuerung nach § 24 UStG verpachtete/vermietete einen Teil seines landwirtschaftlichen Betriebs von 1992 bis 2005 an seinen Sohn: Mit einem "Pachtvertrag" überließ er Grundstücke, sein Milchvieh und die Milchquote, mit einem gleichzeitig abgeschlossenen "Mietvertrag" überließ er einen Stall. Er selbst setzte die Bewirtschaftung seines übrigen landwirtschaftlichen Betriebs (Bullenmast) fort. Er behandelte auch die Vermietungs-/Verpachtungsumsätze nach § 24 UStG.
Die vom BFH im Revisionsverfahren eingeholte Vorabentscheidung ergab, dass dies nicht möglich war.
Konsequenzen für die Praxis
Das EuGH-Urteil enthält 3 wichtige Aussagen:
Die Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebsmittel ist keine "landwirtschaftliche Dienstleistung" i. S. v. Art. 25 der 6. EG-Richtlinie; sie kann also auch nicht als Umsatz i. S. v. § 24 UStG behandelt werden. Die Richtlinie nennt ausdrücklich nur die "Vermietung" solcher Betriebsmittel. Es ist somit darauf zu achten, ob Vermietung oder Verpachtung (Nutzungsüberlassung mit Fruchtziehungsrecht) Leistungsgegenstand ist. Dies ist letztlich nicht nach deutschem bürgerlichem Recht, sondern nach der 6. EG-Richtlinie zu entscheiden.
Die Vermietung wesentlicher Teile des landwirtschaftlichen Betriebs für eine lange Zeit (hier: über 12 Jahre) gilt nicht mehr als "Vermietung normalerweise in landwirtschaftlichen … Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken" i. S. v. Art. 25 Abs. 2 i. V. m. Anhang B der 6. EG-Richtlinie. Die Regelung betrifft lt. EuGH Mittel, die der landwirtschaftliche Erzeuger gewöhnlich zum Betrieb seiner eigenen Landwirtschaft verwendet. Jede Vermietung, Verpachtung oder Nießbrauchsüberlassung an Gegenständen an einen anderen Landwirt zu dessen ausschließlicher Nutzung und Fruchtziehung gehört nicht dazu.
Solche Umsätze unterliegen dem Regelsteuersatz. Damit stellt der EuGH klar, dass auch die Überlassung landwirtschaftlicher Betriebsmittel (wie sie es sowohl beim Überlassenden als auch beim Nutzenden sind) nicht unter die Pauschalregelung fallen, sondern einen "Betriebsteil mit Regelbesteuerung" bilden.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil v. 15.7.2004, Rs. C-321/02, - Detlev Harbs -, BFH/NV Beilage 2004 S. 371.