Angelika Poziemski, Detlef Burhoff
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Einspruchsbeschränkung gegen den Bußgeldbescheid gehört zum Pflichtenkatalog jeder verantwortungsvollen Verteidigung in Bußgeldsachen. |
2. |
Der Verteidiger bedarf auch für die Teilrücknahme des Einspruchs vor oder in der HV der ausdrücklichen Ermächtigung des Einspruchsberechtigten. |
3. |
Während die vertikale Beschränkung die Begrenzung des Einspruchs auf verschiedene Taten im prozessualen Sinne aber auch auf tatmehrheitlich verwirklichte Tatbestände nur einer prozessualen Tat erlaubt, ist die Zulässigkeit horizontaler Beschränkungen insbesondere im Hinblick auf den häufig aus Bußgeld und Fahrverbot zusammengesetzten Rechtsfolgenausspruch des Bußgeldbescheids stets gesondert zu prüfen. |
4. |
Für die Zulässigkeit der als Prozesshandlung ebenso wie die Einlegung des Einspruchs bedingungsfeindlichen Einspruchsbeschränkung gibt die sog. Trennbarkeitsformel mit dem Merkmal der Widerspruchsfreiheit erste Anhaltspunkte. |
5. |
Das Rechtsbeschwerdegericht überprüft die Zulässigkeit der Einspruchsbeschränkung im Rahmen einer zulässigen Rechtsbeschwerde von Amts wegen. |
Rdn 922
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Einspruch, Allgemeines, Rdn 909.
Rdn 923
1. Nach der mit Wirkung v. 1.3.1998 ins OWiG auch zur Entlastung der Justiz (BT-Drucks 13/5418, S. 7, A I; vgl. auch OLG Oldenburg DAR 2016, 472 = VRS 130, 65 m. Anm. Krenberger, jurisPR-VerkR 18/2016 Anm. 4 u. OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2016, 152) eingeführten und im Wortlaut § 408 Abs. 2 StPO (vgl. auch § 318 S. 1 StPO) angepassten Ergänzung in § 67 Abs. 2 kann der Einspruch "auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt" werden, ohne dass der Gesetzgeber die näheren und im Einzelnen unverändert offenen Voraussetzungen und Rechtsfolgen selbst bestimmt hat. Schon vor der Gesetzesnovellierung war allerdings anerkannt, dass eine Teilanfechtung jedenfalls dann möglich ist, wenn bereits von dem Bußgeldbescheid mehrere Taten im prozessualen Sinne erfasst sind und sich die Anfechtung nur auf eine oder bestimmte dieser prozessualen Taten beschränkt (BayObLG NZV 1999, 51; KK/Ellbogen, § 67 Rn 50 f.; → Konkurrenzen, Rdn 2654; → Tatbegriff im Bußgeldverfahren, Rdn 3481).
Rdn 924
2. Begrifflich handelt es sich auch dann um eine Beschränkung i.S.v. § 67 Abs. 2, wenn der zunächst unbeschränkt erhobene Einspruch erst später, etwa im Wege eines aus taktischen Gründen bewusst eingesetzten Verteidigerschriftsatzes im Vorfeld der HV, z.B. bei einer nach Aktenlage oder aufgrund des Verteidigungsvorbringens selbst absehbaren aufwändigen Beweisaufnahme zum Schuldspruch, oder erst innerhalb der HV teilweise zurückgenommen und damit nachträglich auf bestimmte Punkte, insbesondere den Rechtsfolgenausspruch, beschränkt wird (KG VRS 129, 137).
Rdn 925
Wie die Einlegung ist auch die Beschränkung des Einspruchs als Prozesshandlung bedingungsfeindlich (→ Einspruch, Allgemeines, Rdn 909, 919 u. → Einspruch, Frist, Rdn 955, 960), weshalb gerade bei entsprechenden Erklärungen der Verteidigung in oder außerhalb der HV auf unmissverständliche Formulierungen und widerspruchsfreies transparentes Prozessagieren strikt zu achten ist (OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2016, 152).
☆ Zweifel an einer wirksamen, weil widerspruchsfreien Beschränkungserklärung können im Einzelfall schon dann berechtigt sein, wenn die Verteidigung nach einem Hinweis des Gerichts, dass abweichend vom Bußgeldbescheid ein Schuldspruch wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung in Betracht zu ziehen sei, und nach einer deshalb erklärten Einspruchsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch von der Verteidigung dennoch weiterhin – ggf. mit Beweisanträgen – die Korrektheit der (standardisierten) Messung in Zweifel gezogen wird (OLG Bamberg, Beschl. v. 30.10.2017 – 3 Ss OWi 1206/17, zfs 2018, 114; OLG Frankfurt am Main, a.a.O.). an einer wirksamen, weil widerspruchsfreien Beschränkungserklärung können im Einzelfall schon dann berechtigt sein, wenn die Verteidigung nach einem Hinweis des Gerichts, dass abweichend vom Bußgeldbescheid ein Schuldspruch wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung in Betracht zu ziehen sei, und nach einer deshalb erklärten Einspruchsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch von der Verteidigung dennoch weiterhin – ggf. mit Beweisanträgen – die Korrektheit der (standardisierten) Messung in Zweifel gezogen wird (OLG Bamberg, Beschl. v. 30.10.2017 – 3 Ss OWi 1206/17, zfs 2018, 114; OLG Frankfurt am Main, a.a.O.).
Zwar kann der Einspruch auch schlüssig, etwa auf die Frage des Rechtsfolgenausspruchs, namentlich bei einem erstrebten Fahrverbotswegfall, beschränkt werden. Jedoch ist bei Annahme einer konkludenten Einspruchsbeschränkung im Zweifel Zurückhaltung geboten, schon weil jedenfalls der anwaltlich vertretene Betroffene "sein Pulver" in aller Regel nicht sang- und klanglos "verschießen" wird.
Rdn 926
3. Der Verteidiger bedarf auch für die Teilrücknahme des Einspruchs vor oder in der HV (ebenso wie für einen Teil-Verzicht auf den Einspruch) nach §§ 67 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 302 Abs....