Das Wichtigste in Kürze:

1. Der Einspruch ist binnen 2 Wochen nach wirksamer Zustellung des Bußgeldbescheids bei der zuständigen Verwaltungsbehörde einzulegen oder zu deren Niederschrift zu erklären.
2. Die Fristberechnung erfolgt über § 46 Abs. 1 entsprechend § 43 StPO.
3. Der Einspruch kann schon vor Zustellung des Bußgeldbescheids wirksam eingelegt werden, sofern er bereits erlassen war.
4. Bei unverschuldeter Fristversäumung ist dem Einspruchsberechtigten auf seinen an die Verwaltungsbehörde zu richtenden Antrag durch diese nach allgemeinen Regeln Wiedereinsetzung zu gewähren. Die Anforderungen an Antragsbegründung und Glaubhaftmachung dürfen nicht überspannt werden.
5. Durch den Wiedereinsetzungsantrag wird die Vollstreckung des Bußgeldbescheids nicht gehemmt.
 

Rdn 956

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Einspruch, Allgemeines, Rdn 909.

 

Rdn 957

1. Der Einspruch ist nach § 67 Abs. 1 S. 1 innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheids einzulegen. Die Zustellung richtet sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 50 Abs. 1 S. 2, 51 i.V.m. den einschlägigen Verwaltungszustellungsgesetzen der Länder bzw. des Bundes (→ Bußgeldbescheid, Zustellung, Rdn 734; → Zustellungsfragen, Rdn 4284). Erfolgt keine oder keine wirksame Zustellung, wird die Einspruchsfrist nicht in Lauf gesetzt (KK/Ellbogen, § 67 Rn 77).

 

Rdn 958

2. Die Fristberechnung erfolgt über § 46 Abs. 1 entsprechend § 43 StPO; sie ist grds. Sache des Betroffenen. Der Tag der Zustellung des Bußgeldbescheids wird nicht mitgerechnet: Erfolgt die Zustellung z.B. an einem Dienstag, endet die Frist deshalb mit Ablauf des übernächsten Dienstag um 24.00 Uhr. Fällt das so berechnete Fristende auf einen allgemeinen Feiertag, Samstag ("Sonnabend") oder Sonntag, endet die Frist nach § 43 Abs. 2 StPO mit Ablauf des "nächsten", d.h. des darauf folgenden Werktags (Krenberger/Krumm, § 67 Rn 39; Göhler/Seitz/Bauer, § 67 Rn 31, § 52 Rn 47 ff.; Meyer-Goßner/Schmitt§ 43 Rn 1 ff.; BeckOK OWiG/Gertler, § 67 Rn 92; KK/Ellbogen, § 67 Rn 78 ff.; → Zustellungsfragen, Rdn 4284).

 

Rdn 959

3. Der Einspruch muss in dieser Frist bei der zuständigen Verwaltungsbehörde (→ Einspruch, Allgemeines, Rdn 909) eingegangen oder zu deren Niederschrift erklärt (→ Einspruch, Form, Rdn 941) worden sein. Eingegangen ist der schriftliche Einspruch (schon) dann, wenn das Dokument (oder die Datei) ordnungsgemäß in die Verfügungsgewalt bzw. den Macht- oder Einflussbereich der Verwaltungsbehörde, bei zulässiger Einlegung per E-Mail als elektronisches Dokument i.S.d. § 110c i.V.m. § 32a Abs. 3 StPO mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (→ Einspruch, Form, Rdn 941) abrufbereit und lesbar ins Empfänger-Postfach, gelangt ist (BeckOK StVR/Lay § 67 OWiG Rn 68), wofür grds. keine Mitwirkungshandlungen eines Behördenangehörigen vorausgesetzt werden. Bei Telefax-Einlegung ist entscheidend, dass die gesendeten Signale noch vor Fristablauf vom Empfängergerät der Behörde vollständig empfangen worden sind (zur Fristwahrung dieser und weiterer dem Schriftformerfordernis genügender Übermittlungsformen und den zugehörigen Empfangsvorrichtungen vgl. Göhler/Seitz/Bauer, § 67 Rn 32 ff.; KK/Ellbogen, § 67 Rn 82 f.; zur Einlegung bei einer falschen Stelle und zur Einlegung eines nicht auf freiem Fuß befindlichen Betroffenen → Einspruch, Allgemeines, Rdn 909).

 

Rdn 960

4. In allen Fällen ist zu beachten, dass das verfassungsrechtlich über Art. 19 Abs. 4, 101 Abs. 1 GG abgesicherte Recht des Betroffenen, die Frist bis zu ihrer Grenze auszuschöpfen, nicht beeinträchtigt werden darf, was freilich nicht bedeutet, dass der Betroffene z.B. übliche Postlaufzeiten oder faktische Verkürzungen der 2-Wochen-Frist, etwa bei einer ihm nur wenige Stunden vor Fristablauf bekannt gewordenen wirksamen Zustellung im Wege der Niederlegung, in Rechnung stellen muss. Ebenso wenig kann der Betroffene die grds. ihm obliegende Beweislast z.B. für den (rechtzeitigen) Einwurf seiner Einspruchsschrift auf die Behörde überbürden (Göhler/Seitz/Bauer, § 67 Rn 31; → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Rdn 4245). Denn der Einsprechende trägt bei allen Übermittlungswegen das Beweisrisiko dafür, dass er überhaupt einen Einspruch eingelegt hat (BVerfG NJW 1995, 2095). Hingegen sind Zweifel über die Rechtzeitigkeit des Einspruchs zugunsten des Einsprechenden zu lösen (BGH NJW 1960, 2202).

 

Rdn 961

Zwar ist allgemein anerkannt, dass der Betroffene im Bußgeldverfahren ebenso wie der Beschuldigte im Strafbefehlsverfahren auch schon vor Zustellung des Bußgeldbescheids und auch dann wirksam gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einlegen kann, wenn er von seinem Erlass oder Inhalt (noch) keine Kenntnis hat (BGHSt 25, 187, 189; BGH NJW 1974, 67; BayObLGSt 1989, 33 = NZV 1989, 364 = VRS 77, 136 = zfs 1990, 288; OLG Bamberg wistra 2017, 248; Meyer-Goßner/Schmitt; § 410 Rn 1, vor § 296 Rn 4; LR/Gössel; StPO § 408 Rn 7 f.; KK-StPO/Maur; § 410 Rn 5, § 409 Rn 16 [jeweils für Einspruch gegen Strafbefehl]; für Einspruch gegen den Bußgeldbescheid Göhler/S...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge