1.5.1 Allgemeines
Leben die Parteien im Güterstand der Zugewinngemeinschaft und stellt die Immobilie ihr Vermögen im Ganzen dar, so kann jeder Ehegatte im Regelfall (die einvernehmliche wie auch) die zwangsweise Aufhebung der Gemeinschaft bis zur Rechtskraft der Scheidung verhindern über § 1365 BGB (BGH, NJW 2007, 3124).
Exkurs: Bei Übertragung außerhalb einer Teilungsversteigerung wurde entschieden, dass das Grundbuchamt keine Verpflichtung hat, eine Prüfung betreffend die Voraussetzungen des § 1365 BGB vorzunehmen (OLG München, FamRZ 2007, 1884).
Der Antrag auf Teilungsversteigerung ist streng genommen noch keine Verfügung. Die Veränderung der Rechtssituation wird erst durch den Zuschlag herbeigeführt. Bis dahin kann der Antrag zurückgenommen werden. Das ist aber unerheblich. Der Antrag auf Durchführung der Teilungsversteigerung wird bereits als Verfügung i.S.d. § 1365 BGB angesehen (OLG Frankfurt, FamRZ 1999, 524 [14. Senat], dessen Ansicht sich gegen OLG Frankfurt, FamRZ 1997, 1490 [26. Senat] durchgesetzt hat).
Wird der Antrag verfrüht gestellt, d.h. vor Rechtskraft der Scheidung, so tritt keine Heilung durch die Rechtskraft der Scheidung ein.
1.5.2 Vermögen im Ganzen
Eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen liegt bei kleinem Vermögen vor, wenn über mehr als 85 % des Vermögens verfügt wird, bei großem, wenn über mehr als 90 % verfügt wird. Ab 250.000 EUR liegt ein großes Vermögen vor (BGH, FamRZ 1991, 669).
Zum Vermögen im Ganzen gehört nur das Aktivvermögen, Schulden bleiben unbeachtet, soweit es keine dinglich valutierenden sind (BGH, FamRZ 1996, 792).
Beispiel:
Die Eheleute Kramer sind zu je ½ Miteigentümer einer Immobilie, die einen Wert von 300.000 EUR hat. Die Hausschulden valutieren noch mit 100.000 EUR.
Daneben hat Herr Kramer ein Sparvermögen von 10.000 EUR und Verbindlichkeiten von 12.000 EUR.
Als Vermögen im Ganzen gilt bei Herrn Kramer sein Anteil am Haus (150.000 EUR) abzüglich seines Anteils an den Schulden (50.000 EUR) zuzüglich seines Sparvermögens (10.000 EUR), also 110.000 EUR. Die hausunabhängigen Verbindlichkeiten bleiben unberücksichtigt.
Möchte er einen Antrag auf Teilungsversteigerung stellen, so würde er über knapp 91 % seines Vermögens verfügen wollen, zuviel, um dies ohne die Zustimmung der Frau zu können.
§ 1365 BGB macht sich auch bemerkbar, wenn eine Partei Alleineigentümer eines Objektes ist und während des Scheidungsverfahrens dieses Objekt verkaufen möchte.
Beispiel:
Herr Huber ist Alleineigentümer des Hauses, das die Parteien als Familienheim nutzten und aus dem die Frau im Zuge der Trennung ausgezogen ist. Das Scheidungsverfahren zieht sich in die Länger, Herr Huber sucht sich ein neues Haus, weil das bisherige ihm zu groß ist und möchte sein altes Haus verkaufen.
Er benötigt, wenn das Haus sein Vermögen im Ganzen nach den o.a. Kriterien darstellt, bis zur Rechtskraft der Scheidung die Zustimmung der Frau, wenn die Parteien im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten.
1.5.3 Einwilligung
Soweit eine Einwilligung notwendig ist, gilt:
Wird das Verfahren auf Teilungsversteigerung eingeleitet, so erfolgt keine Prüfung von Amts wegen, ob sie notwendig ist oder vorliegt. So derjenige, der die Einwilligung abzugeben hat, nichts unternimmt, wird die Angelegenheit behandelt, als wenn sie vorliegen würde.
Ohne Absicherung, ob die Einwilligung vorliegt, ist es aber riskant, das Verfahren einzuleiten:
- Ist es offenkundig, dass es an der Einwilligung fehlt, kann das Gericht den Antrag auf Durchführung der Teilungsversteigerung ablehnen.
- Schaltet sich der Ehepartner ein und macht er geltend, die notwendige Einwilligung fehle, so trifft das Gericht ebenfalls die ablehnende Entscheidung.
- Der die Einwilligung verweigernde Ehegatte kann auch über § 771 ZPO Klage auf Einstellung des Teilungsversteigerungsverfahrens stellen.
- Riskant kann die verfrühte Einleitung des Teilungsversteigerungsverfahrens vor allem werden, weil der Antrag das Recht des übergangenen Ehegatten auslöst, den vorzeitigen Zugewinnausgleich nach § 1385 Nr. 2 BGB geltend zu machen. Ist noch kein Scheidungsverfahren rechtshängig, so ist damit die Möglichkeit genommen, den Zeitpunkt des Stichtages noch zu gestalten bzw. zu beeinflussen. Zudem kann die Klage auf Durchführung des vorzeitigen Zugewinnausgleichs isoliert erhoben werden; unabhängig von allen sonst vielleicht noch offenen Folgefragen kommt es zur Entscheidung und damit ab Rechtskraft dieses Urteils auch zur Verzinslichstellung, was eventuell herausgezögert werden kann, wenn der Zugewinnausgleich als eine der Verbundsachen behandelt wird.
Ist der Antragsteller betreffend das Teilungsversteigerungsverfahren der Ansicht, für den Gegner stelle das Objekt, wegen dessen die Teilungsversteigerung verlangt wird, nicht das Vermögen im Ganzen dar, so sollte er neben dem entsprechenden Vortrag auch geeignete Belege vorlegen. Im Zweifel ist abzuraten, sich auf diese Argumentation zu verlassen.
1.5.4 Familien- oder Betreuungsgericht
Die Möglichkeit, die mangelnde Einwilligung des anderen Ehegatten durch eine Zustimmung seitens des Familien- oder Betreuungsgerichtes ersetzen zu lassen, i...