Dr. Thomas A. Degen, Benjamin Krahmer
Kurzbeschreibung
Der Berater soll im Vertrag beauftragt werden, ein EDV-spezifisches Wissensdefizit des auftraggebenden Kunden auszugleichen und/oder bestimmte Anwendungslösungen zu erarbeiten. Der Inhalt der Leistungspflicht hängt wesentlich von den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen ab.
Das regelt der Vertrag
Ausgangssituation
Im EDV-/IT-Bereich gewinnen Beratungsleistungen (oft auch "Consulting" genannt) zunehmend an Bedeutung. Je größer die Anwendung ist, desto mehr Beratungsbedarf besteht nach den Erfahrungen aus der Praxis. Freilich werden nicht immer separate Beratungsverträge abgeschlossen, sondern viele Leistungen von den EDV-Anbietern im Zusammenhang mit einem Erwerb von Software oder Systemen erbracht. Hier bestehen Nebenpflichten aus dem jeweiligen Vertrag, die nicht immer ausreichend ausformuliert sind.
Je weniger standardisiert ein IT-Projekt ausgestaltet werden kann, desto weniger kann auf typische Leistungen zurückgegriffen werden und desto mehr müssen individuelle Vereinbarungen getroffen werden. Beide Vertragspartner müssen hieran ein Interesse haben. Der Kunde muss seinen Beratungsbedarf und den Stand seiner Vorkenntnisse deutlich machen. Wenn der Kunde für den Anbieter als nicht beratungsbedürftig erscheint, kann der Kunde auch nicht Beratung zu bestimmten Punkten erwarten. Ein typisches Leistungsbild des Beratungsvertrags existiert nicht, da sich die Leistung an der jeweiligen spezifischen Anwendung und außerdem am konkreten Vorwissen des Kunden orientieren muss. Unter dieser Voraussetzung gehen Lücken in der Leistungsbeschreibung erfahrungsgemäß sehr oft zulasten des auftraggebenden Kunden, wenn bzw. soweit diese Defizite für den Anbieter nicht erkennbar waren bzw. nicht hätten erkennbar sein müssen und deshalb keine entsprechenden Hinweis- oder Aufklärungspflichten begründen. Andererseits muss auch dem Anbieter an einer Klärung seiner Pflichten gelegen sein, allein schon, um den voraussichtlichen personellen Aufwand für die Kundenberatung kalkulieren zu können.
Pflichtenbegründung: Vor- bzw. nebenvertragliche Beratungspflichten des Anbieters können sich bereits dann ergeben, wenn
- der Kunde erkennbar Rat sucht und der Anbieter daraufhin die Beratung rein faktisch aufnimmt. Hieraus entsteht ein Vertrauensverhältnis, aus dem Haftung aus Treu und Glauben begründet sein kann (BGH, WM 1983, 987 ff.; OLG Frankfurt, Urteil v. 29.4.1980, 5 U 84/78);
- sich der Kunde erkennbar auf einen erteilten Rat verlässt (OLG Köln, Urteil v. 19.2.1986, 23 O 450/83, IuR 1987, 18) und es gerade aufgrund der Beratung zum Kaufabschluss kommt (OLG München, Urteil v. 25.11.1982, 24 U 141/82) bzw. wenn
- der ratsuchende Kunde zu erkennen gibt, Laie zu sein (OLG Celle, Urteil v. 21.2.1996, 13 U 255/95; OLG München, CR 1987, 675, 677; OLG Stuttgart, CR 1987, 172; OLG Hamm, DV-R 2, 98, 100);
- der vertraglich vorausgesetzte Zweck nur in einem intensiven Dialog mit dem Kunden konkretisiert werden kann, dessen Ergebnis in einem Pflichtenheft festzuhalten ist (OLG Stuttgart, Urteil v. 18.10.1988, 6 U 64/88, NJW-RR 1989, 1328 f.).
Die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens führt zu einer gesteigerten Sorgfaltspflicht (LG Mainz, Urteil v. 20.8.1982, 11 HO 159/80).
Beratungspflichten des Anbieters sind meist Nebenpflichten, etwa in einem Erstellungs- oder Liefervertrag (OLG Koblenz, Urteil v. 11.11.1988, 2 U 4/86, CR 1990, 41, 43). Wenn diesen Pflichten aber für die Vertragserfüllung besondere Bedeutung zukommt, können sie auch Hauptpflichten des Vertrags sein. Schließlich kann ein eigenständige Beratungsvertrag vorliegen (der auch stillschweigend geschlossen werden kann).
Pflichtenumfang: Den Anbieter können außerdem unterschiedlich weitreichende Pflichten treffen:
- Hinweispflichten: Ist der Kunde erkennbar beratungsbedürftig, muss der Anbieter den Kunden zumindest auf diesen Umstand hinweisen. Er muss den Kunden aber nicht kostenfrei beraten. Es genügt, wenn er eine Beratungsleistung gegen Vergütung anbietet.
- Aufklärungspflichten: Aufzuklären ist über Tatsachen und Umstände, die den Vertragszweck vereiteln und daher für den Entschluss des Kunden von wesentlicher Bedeutung sein können (OLG Hamm, Urteil v. 4.3.1983, 19 U 300/82), ohne dass der Kunde erkennbar bereits über ausreichend einschlägiges Wissen verfügt. Allerdings darf der Anbieter gewisse Grundkenntnisse des Kunden voraussetzen (OLG Oldenburg, Urteil v. 12.2.1986, 3 U 43/85).
- Beratungspflichten können noch weiter gehen und den Anbieter bei vertraglicher Vereinbarung zu umfassenden Leistungen verpflichten, etwa bei der Beratungsleistung zur Erstellung einer Machbarkeitsstudie oder einer Ist-Analyse.
Aufklärung und Beratung können unterschiedliche Gegenstände/Umstände betreffen:
- erst herzustellende Voraussetzungen für den Antransport (z.B. Lifttraglast, räumliche Erfordernisse, Statik, etc.) und die Systeminstallation,
- die Prüfung der Voraussetzungen für einen reibungslosen Datenaustausch oder der Kompatibilitätsmerkmale vorhandener und neu anzuschaffender IT-Systeme (OLG Hamm, Urteil v. 8.8.2007, 12 U 26/07),
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