Leitsatz
Im vorliegen Fall hatte die Antragsgegnerin den Antragsteller bei der Eheschließung nicht über eine Erbkrankheit ihrer Mutter aufgeklärt. Kernproblem des Falles war die Frage, ob eine Täuschung auch dann noch einen Aufhebungsgrund darstellt, wenn der Antragsteller vorträgt, er könne nicht sagen, ob er bei einem positiven Wissen von der Erbkrankheit der Mutter die Ehe mit der Antragsgegnerin eingegangen wäre.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um die Aufhebung ihrer Ehe. Entgegen dem Begehren des Ehemannes auf Aufhebung der Ehe folgte das erstinstanzliche Gericht dem Scheidungsantrag der Ehefrau und sprach die Scheidung der Ehe aus. Zugleich hat es den Versorgungsausgleich geregelt und den Antrag der Ehefrau auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Ehegattenunterhalts abgewiesen.
Der Antragsteller hatte seinen Antrag auf Aufhebung der Ehe damit begründet, die Antragsgegnerin habe ihn bei der Eheschließung vorsätzlich über die Erbkrankheit ihrer Mutter nicht aufgeklärt, obwohl sie zum Zeitpunkt der Eheschließung hierüber bereits Kenntnis gehabt habe.
Anlässlich seiner Anhörung vor dem AG ließ er sich dahingehend ein, er könne nicht sagen, ob er bei positiver Kenntnis von der Erbkrankheit der Mutter die Ehe mit der Antragsgegnerin eingegangen wäre. In der Berufungsinstanz revidierte der Antragsteller seinen Vortrag hierzu insoweit, als er vortragen ließ, er hätte dieses "wohl" nicht getan.
Die gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegte Berufung des Antragstellers hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Die Aufhebung der Ehe sei nur dann gerechtfertigt, wenn der Antragsteller zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden sei, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten. Dies setze voraus, dass er bei Kenntnis der Täuschung die Ehe nicht geschlossen hätte. Die Täuschung müsse mithin ursächlich dafür gewesen sein, dass der Antragsteller die Ehe einging.
Die Ursächlichkeit der Täuschung für die Eheschließung sei nicht nur anhand eines objektiven, sondern anhand eines subjektiven Maßstabes zu prüfen.
Das OLG sah das subjektive Moment für einen Anspruch auf Aufhebung der Ehe für nicht gegeben. Es komme allein darauf an, wie der Antragsteller im Zeitpunkt der Eheschließung ohne Täuschung gehandelt hätte. Sein Vortrag, aus heutiger Sicht wäre er bei Kenntnis der wahren Sachlage die Ehe nicht eingegangen, reiche hierfür nicht aus.
Zudem sei auch der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Eheschließung ihre tatsächliche Erkrankung an der Erbkrankheit nicht bekannt gewesen, so dass die Eingehung der Ehe in der Hoffnung, die Erbkrankheit werde bei ihr selbst nicht auftreten, durchaus nicht abwegig sei.
Hinweis
Es herrscht eine weit verbreitete Fehlansicht, wonach bei Aufhebung der Ehe anstelle einer Scheidung die mit einer Scheidung verbundenen Rechtsfolgen nicht eintreten würden. Dies trifft allerdings nur bedingt zu.
Sowohl Zugewinnausgleich als auch Versorgungsausgleich sind keineswegs von vornherein ausgeschlossen. § 1318 Abs. 3 BGB verweist auf die entsprechenden Vorschriften der Scheidungsfolgen, konkretisiert allerdings zugleich das Leistungsverweigerungsrecht des § 1381 BGB bzw. den Ausschlusstatbestand des § 1587c BGB. Danach soll ein Ausgleich nicht stattfinden, wenn ein solcher im Hinblick auf die Umstände bei der Eheschließung grob unbillig wäre.
Unterhaltsansprüche stehen bei einer Eheaufhebung nur dem getäuschten oder bedrohten Ehegatten zu. Eine Ausnahme hiervon bilden nur Unterhaltsansprüche wegen der Betreuung eines Kindes, wenn die Versagung des Anspruchs im Hinblick auf die Belange des Kindes grob unbillig wäre.
Im Übrigen gelten für das Anfechtungsverfahren die Verbundvorschriften nicht, so dass Folgesachen erst nachträglich nach rechtskräftigem Abschluss betrieben werden können.
Link zur Entscheidung
OLG München, Urteil vom 01.04.2008, 4 UF 374/07