Leitsatz
Die Volljährigkeit des Kinds lässt den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nicht zwangsläufig entfallen. Entscheidend ist allein, ob die Betreuungsnotwendigkeit fortbesteht.
Sachverhalt
Dies ist deshalb bemerkenswert, weil nach § 1570 BGB der geschiedene Ehegatte zunächst für eine Mindestdauer von 3 Jahren nach der Geburt des Kindes den sog. Betreuungsunterhalt verlangen kann. Diese Dauer verlängert sich, soweit dies der Billigkeit entspricht und kann nach der jüngsten Entscheidung des BGH über die Volljährigkeit hinausreichen. In dem vom BGH entschiedenen Fall war die Ehe der Parteien seit dem Jahr 1998 geschieden. Die Ehefrau betreute den volljährigen schwerbehinderten gemeinsamen Sohn. Der Ehemann war aus einer späteren Beziehung 3 weiteren Kindern unterhaltspflichtig. Das monatliche Nettoeinkommen des Ehemanns betrug abzüglich berufsbedingter Kosten ca. 1920 EUR. Hiervon leistete er unter Berücksichtigung des Kindergelds monatlich einen Gesamtkindesunterhalt in Höhe von 692 EUR. Trotz dieser nicht geringen Belastung verurteilte ihn der BGH zu weiteren monatlichen Unterhaltszahlungen an die geschiedene Ehefrau.
Begründung: Der schwerbehinderte, volljährige Sohn bedurfte nach übereinstimmender Auffassung der Eltern der umfassenden Betreuung durch die Mutter. Diese kindbezogenen Gründe führen hier zur Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt. Grundsätzlich hat das Gericht im Rahmen der kindbezogenen Gründe zunächst die individuellen Umstände zu prüfen, also ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in einer für das volljährige Kind geeignete Betreuungseinrichtung gesichert werden könnte. Sind aber beide Elternteile übereinstimmend der Auffassung, dass eine persönliche Betreuung des gemeinsamen Kinds durch ein Elternteil erforderlich ist, hat das Gericht nur noch die Bemessung der Erwerbspflicht des betreuenden Elternteiles zu prüfen. Weil im entschiedenen Fall eine ständige Betreuung des behinderten gemeinsamen Kindes unabdingbar war, schied eine Erwerbstätigkeit der Beklagten komplett aus.
Der BGH gestand dem geschiedenen Ehemann nur einen monatlichen Selbstbehalt in Höhe von 900 EUR zu, weil er in einer neuen Partnerschaft lebte. Die gemeinsame Haushaltsführung führe zu Ersparnis- und Synergieeffekten, sodass der notwendige Selbstbehalt von 1000 EUR auf 900 EUR herabzusetzen sei. Der im Gesetz vorgesehene 3-jährige Mindestrahmen für den Betreuungsunterhalt kann in besonders gelagerten Fällen also in ganz erheblicher Weise, ggf. sogar lebenslang, überschritten werden.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 17.3.2010, XII ZR 204/08.