Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war der Unterhaltsanspruch einer in Russland lebenden Ehefrau, die Trennungsunterhalt von ihrem in Deutschland lebenden Ehemann begehrte.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Mai 2005 geheiratet. Die Antragstellerin war russische Staatsangehörige, der Antragsgegner deutscher Staatsangehöriger. Kinder waren aus der Ehe der Parteien nicht hervorgegangen.
Der Antragsgegner lebte in Nürnberg, die Antragstellerin spätestens seit Mitte 2007 wieder in Russland.
Die Ehe der Parteien wurde durch Endurteil vom 16.3.2009 geschieden. Ein Antrag der Ehefrau auf Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung nachehelichen Unterhalts wurde zurückgewiesen.
Mit einem am 1.10.2009 beim AG eingegangenen Schriftsatz hatte die Antragstellerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie für die Zeit von April 2008 bis April 2009 Trennungsunterhalt i.H.v. insgesamt 11.700,00 EUR (900,00 EUR × 13) zu zahlen.
In der Begründung ihres Antrags hatte sie aufgeführt, aus einer Tätigkeit an einer Kinderklinik durchschnittliche Einkünfte von ca. 320,00 EUR monatlich und aus Übersetzungsarbeiten darüber hinaus weitere Einkünfte von ca. 490,00 EUR monatlich zu erzielen. Das unterhaltsrechtlich maßgebliche Einkommen des Antragsgegners belaufe sich auf 2.617,00 EUR monatlich.
Mit Beschluss vom 25.2.2010 hat das AG die von der Antragstellerin für die von ihr beabsichtigte Klage beantragte Verfahrenskostenhilfe versagt, da ihr Antrag auf Zahlung von Trennungsunterhalt keine Erfolgsaussichten habe.
Gegen diesen Beschluss legte die Antragstellerin Beschwerde ein, der das AG nicht abhalf.
Auch beim OLG blieb das Rechtsmittel ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach die beabsichtigte Klage auf Leistung von Trennungsunterhalt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe und deshalb Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden könne.
Da die Antragstellerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt während des streitgegenständlichen Zeitraums in der russischen Föderation gehabt habe, sei zur Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs auf Trennungsunterhalt gemäß Art. 18 Abs. 1 S. 1 EGBGB primär das Recht der russischen Föderation anzuwenden. Da in Art. 18 EGBGB unmittelbar auf die Sachnormen einer fremden Rechtsordnung verwiesen werde, kämen die Art. 89 ff. des Familiengesetzbuches der russischen Förderation vom 29.12.1995 zur Anwendung.
Danach seien die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach Art. 89 Nr. 2 des russischen Familiengesetzbuches nicht gegeben, weil die Antragstellerin weder erwerbsunfähig sei noch ein gemeinsames Kind der Parteien betreue.
Der Umstand, dass Art. 89 Nr. 2 einen gerichtlich durchsetzbaren Unterhaltsanspruch u.a. von der Verweigerung der in Art. 89 Nr. 1 angesprochenen Unterstützung abhängig mache, spreche dagegen, dass aus Art. 89 Nr. 1 des russischen Familiengesetzbuches weitergehende Ansprüche auf Trennungsunterhalt hergeleitet werden könnten, als sie in Nr. 89 Nr. 2 normiert seien.
Die Antragstellerin könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Ansprüche auf Trennungsunterhalt nach Art. 18 Abs. 2 EGBGB aus deutschem Recht, also aus § 1361 BGB, hergeleitet werden könnten.
Voraussetzung dafür wäre, dass sie im Sinne dieser Vorschrift nach dem russischen Recht vom Antragsgegner "keinen Unterhalt erhalten" könne.
Diese Voraussetzung sei sicher dann gegeben, wenn die primär anwendbare Rechtsordnung von vornherein im Verhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch vorsehe.
Im Fall des russischen Rechts sehe Art. 89 Nr. 2 einen gerichtlich durchsetzbaren Unterhaltsanspruch zwischen getrennt lebenden Ehegatten vor, der - ähnlich wie im deutschen Recht der nacheheliche Unterhalt in §§ 1569 ff. - an das Vorliegen konkreter Tatbestände geknüpft werde.
Das OLG vertrat die Auffassung, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem ein Anspruch der Antragstellerin nach dem primär berufenen russischen Recht wegen Nichterfüllung der in Art. 89 Nr. 2 des russischen Familiengesetzbuches normierten Voraussetzungen ausscheide, die Voraussetzungen für eine Anwendung des deutschen Rechts nach Art. 18 Abs. 2 EGBGB nicht vorlägen.
Link zur Entscheidung
OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.04.2010, 7 WF 492/10