Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegattenunterhalt: Anspruch auf Trennungsunterhalt einer in Russland lebenden Ehefrau
Leitsatz (amtlich)
Ist ein Anspruch auf Trennungsunterhalt einer in Russland lebenden Ehefrau mit eigenen Erwerbseinkünften nach dem nach Art. 18 Abs. 1 S. 1 EGBGB primär anwendbaren russischen Recht nicht gegeben, weil die Voraussetzungen des insoweit einschlägigen Art. 89 Nr. 2 des russischen Familiengesetzbuches vom 29.12.1995 nicht erfüllt sind, rechtfertigt dies nicht die Anwendung deutschen Unterhaltsrechtes nach Art. 18 Abs. 2 EGBGB.
Normenkette
EGBGB Art. 18 Abs. 2, 1 S. 1; russ. FamGB Art. 89 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 25.02.2010; Aktenzeichen 103 F 3302/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 25.2.2010 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die am 25.8.1968 geborene Antragstellerin, die russische Staatsangehörige ist, und der Antragsgegner, der deutscher Staatsangehöriger ist, haben am 12.5.2005 geheiratet.
Der Antragsgegner lebt in Nürnberg, die Antragstellerin spätestens seit Mitte 2007 wieder in Russland.
Die - kinderlos gebliebene - Ehe der Parteien ist durch Endurteil des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 16.3.2009 geschieden worden. Ein Antrag der hiesigen Antragstellerin auf Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung von nachehelichen Unterhalt wurde zurückgewiesen.
Das Scheidungsurteil ist seit 25.4.2009 rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 15.4.2008 hatte die Antragstellerin den Antragsgegner - im Hinblick auf Unterhaltsansprüche - aufgefordert, Auskunft zu seinen Einkünften und zu seinem Vermögen zu erteilen.
Mit einem am 1.10.2009 beim Amtsgericht Nürnberg eingegangenen Schriftsatz vom 25.9.2009 hat die Antragstellerin "für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe", um die in einem weiteren Schriftsatz vom 25.9.2009 nachgesucht worden ist, beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie (für die Zeit von April 2008 bis April 2009) ein Trennungsunterhalt von (900 EUR × 13 =) 11.700 EUR zu bezahlen.
In der Begründung des Antrags ist u.a. geltend gemacht, dass die Antragsgegnerin im Jahr 2008 aus einer Tätigkeit an der Kinderklinik in ... durchschnittliche Einkünfte von (umgerechnet) 320 EUR monatlich und aus Übersetzungsarbeiten darüber hinaus noch Einkünfte von 489,75 EUR monatlich erzielt hat. Das unterhaltsrechtlich maßgebliche Einkommen des Antragsgegners belaufe sich auf 2.617 EUR monatlich.
Mit Beschluss vom 25.2.2010 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg der Antragstellerin die beantragte Verfahrenskostenhilfe versagt, da ihr Antrag auf Zahlung von Trennungsunterhalt keine Erfolgsaussichten habe.
Gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EGBGB sei für die Prüfung des Unterhaltsanspruchs russisches Recht anzuwenden.
Dies sehe in Art. 89 des Familiengesetzbuches vom 29.12.1995 eine Unterhaltsverpflichtung zwischen noch verheirateten Eheleuten nur unter Voraussetzungen vor, die im vorliegenden Fall nicht gegeben seien.
Ein Rückgriff auf das deutsche Recht gem. Art. 18 Abs. 2 EGBGB komme nicht in Betracht. Deutsches Recht könne nach Art. 18 Abs. 2 EGBGB nur zur Anwendung kommen, wenn das ausländische Recht dem Unterhaltsberechtigten einen Unterhaltsanspruch überhaupt versage, weil der Anspruchsteller aus der familienrechtlichen Beziehung, in der er zum Antragsgegner stehe, keine Unterhaltsleistung erlangen könne.
Das russische Recht kenne jedoch Unterhaltspflichten zwischen verheirateten Ehegatten. Dass diese nicht so weitreichend seien wie im deutschen Recht, könne einen Rückgriff auf das deutsche Recht nicht rechtfertigen.
Der Beschluss vom 25.2.2010 wurde dem Bevollmächtigten der Antragstellerin am 2.3.2010 zugestellt.
Mit einem am 6.4.2010 (dem Dienstag nach den Osterfeiertagen) eingegangenen Telefax-Schreiben vom selben Tag hat die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten gegen den Beschluss vom 25.2.2010 sofortige Beschwerde einlegen lassen.
Mit dieser wird geltend gemacht, dass ein Anspruch auf den streitgegenständlichen Trennungsunterhalt in der russischen Förderation dem Grunde nach nicht gegeben sei, weil Art. 89 nur die Pflicht regele, zum Familienunterhalt beizutragen und sich nicht auf den Trennungsunterhalt beziehe.
Ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin nach deutschem Recht würde sich jedoch auch für den Fall ergeben, dass in Art. 89 des russischen Familiengesetzbuches der Trennungsunterhalt geregelt sei. Denn in Art. 89 Ziff. 1 sei ausdrücklich die Verpflichtung der Ehegatten geregelt, sich gegenseitig materiell zu unterstützen.
Mit Beschluss vom 8.4.2010 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg der Beschwerde nicht abgeholfen.
Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist gem. § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2, §§ 567 ff. ZPO zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg, weil das AG zutreffend davon ausgegangen ist, dass die beabsichtigte Klage auf Leistung von Trennungsunterhalt keine hinreichende Aussi...