Leitsatz
Die Parteien stritten um den nachehelichen Unterhalt. Kernproblem dieser Entscheidung war die Frage, wann die Bedarfsbemessung anstelle der Bildung einer Quote konkret vorzunehmen ist. Ferner ging es darum, welche Einkünfte aufseiten des Unterhaltspflichtigen in die Unterhaltsberechnung einzustellen sind, wenn er einen gut bezahlten sicheren Arbeitsplatz aufgegeben hat. Schließlich setzte sich das OLG mit den Voraussetzungen für eine Befristung von Unterhaltsansprüchen wegen Krankheit auseinander.
Sachverhalt
Die Parteien, beide deutsche Staatsangehörige, hatten im Juni 1991 geheiratet. Die Ehe war kinderlos geblieben. Im Juni 1991 hatten die Parteien vor einem Notar in Frankreichen einen Ehevertrag geschlossen. Während der Ehe lebten sie in Frankreich. Im Spätsommer 2005 zog der Antragsteller aus der Ehewohnung aus und lebte seither in Deutschland. Er war von Beruf ausgebildeter Kfz-Mechaniker und während der Ehezeit leitender Angestellter mit einem monatlichen Nettoeinkommen von zuletzt 4.366,67 EUR. Dieses Arbeitsverhältnis kündigte er im Jahre 2007 und war fortan als selbständiger Vertragsmakler tätig. Auch diese Tätigkeit gab er auf und arbeitete seit September 2008 in einer Vereinsgaststätte eines Angelsportvereins als Hilfskoch mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.000,00 EUR und freier Verpflegung.
Die im Mai 1960 geborene Antragsgegnerin war Medizinisch-Technische Assistentin und bis Oktober 2002 Laborleiterin in einem Krankenhaus. Sie litt seit 1982 an Morbus Crohn und bezog seit Dezember 2002 Erwerbsunfähigkeitsrente i.H.v. monatlich 1.298,06 EUR. Sie war Eigentümerin des früheren ehelichen Hausanwesens in Frankreich.
Mit Urteil vom 5.11.2009 wurde die Ehe der Parteien geschieden, das Verfahren über den Versorgungsausgleich abgetrennt und der Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 947,00 EUR bis zum 31.7.2012 und i.H.v. monatlich 500,00 EUR vom 1.8.2012 bis 31.12.2015 zu zahlen.
Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit seiner Berufung.
Sein Rechtsmittel erwies sich als teilweise begründet.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, das erstinstanzliche Gericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsgegnerin dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch aus § 1572 BGB zustehe, weil sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, durch eine eigene Erwerbstätigkeit ihren eheangemessenen Bedarf zu erwirtschaften. Dies ergebe sich aus dem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten, dass die - weitgehende - Erwerbsunfähigkeit der Antragsgegnerin attestiert habe.
Maßgeblich für die Höhe des Unterhalts seien zunächst die beiderseitigen Einkünfte und sonstigen Vermögensvorteile, durch die die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt gewesen seien (§ 1578 BGB).
Aufseiten des Antragsteller seien dabei die Einkünfte maßgebend, die er bis zu seinem Ausscheiden bei der Firma A. im Jahre 2007 erzielt habe und die das erstinstanzliche Gericht - von den Parteien der Höhe nach unbeanstandet - mit monatlich bereinigt 4.366,67 EUR angesetzt habe.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers stehe dem nicht entgegen, dass er Einkünfte in dieser Höhe nicht mehr erziele. Nach der Rechtsprechung des BGH, der sich das OLG anschließe, bestimme sich der Unterhaltsbedarf nicht allein nach den tatsächlichen Einkünften eines Ehegatten, wenn diese deshalb geringer seien, weil er in unterhaltsrechtlich vorwerfbarer Weise einen gut bezahlten sicheren Arbeitsplatz aufgegeben habe. Vielmehr sei dann das früher erzielte Einkommen grundsätzlich fortzuschreiben (BGH, FamRZ 2008, 872).
So liege der Fall hier. Unstreitig habe der Antragsteller seine gut bezahlte Stelle bei der Firma A. gekündigt und keinen auch nur halbwegs nachvollziehbaren Grund für diesen Schritt dargetan. Unter diesen Umständen könne die Aufgabe des Arbeitsplatzes nur als mutwillig angesehen werden mit der Folge, dass der Antragsteller fiktiv so zu behandeln sei, als ob er das frühere Einkommen auch weiterhin erziele.
Verbindlichkeiten seien aufseiten des Antragstellers nicht zu berücksichtigen. Auch Unterhaltsverpflichtungen ggü. seinem Sohn aus erster Ehe i.H.v. 350,00 EUR seien nicht zu berücksichtigen, da der Antragsteller für den hier maßgeblichen Klagezeitraum nicht schlüssig vorgetragen habe, dass diesbezügliche Unterhaltsforderungen noch beständen.
Aufseiten der Antragsgegner seien deren Renteneinkünfte i.H.v. 1.298,06 EUR zu berücksichtigen. Zu addieren sei der Wohnwert des von ihr mietfrei bewohnte Haus, der sich nach dem erstinstanzlich eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachten auf monatlich 550,00 EUR belaufe.
Die Bedarfsbemessung könne entsprechend der Handhabung des AG noch durch die Bildung einer Quote erfolgen und müsse nicht konkret vorgenommen werden. Die Feststellung des Unterhaltsbedarfs unterliege tatrichterlichem Ermessen. Eine Sättigungsgrenze gebe es nicht, lediglich bei weit überdurchschnittlichen, guten wirtschaftlichen Verhältnissen könne ...