Leitsatz
Die Parteien stritten um von den Trennungsunterhalt ab Mai 2005 und die Bemessung des Bedarfs der Ehefrau. Zentrales Problem der Entscheidung war die Frage, auf welchen Zeitpunkt bei den ehelichen Lebensverhältnissen abzustellen ist.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Februar 1982 geheiratet und lebten seit April 2005 voneinander getrennt. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1988 und 1990 geborene Kinder hervorgegangen. Beide gingen noch zur Schule. Die Parteien bewohnten das in ihrem Miteigentum stehende Einfamilienhaus, dessen Räumlichkeiten zwischen ihnen aufgeteilt waren.
Die Klägerin nahm den Beklagten auf Zahlung von Trennungsunterhalt i.H.v. je 929,00 EUR monatlich ab Mai 2005 bis Dezember 2005 und i.H.v. 981,00 EUR ab Januar 2006 abzüglich geleisteter Beträge in Anspruch. Das erstinstanzliche Gericht hatte den Beklagten zur Zahlung von Ehegattenunterhalt i.H.v. monatlich 710,00 EUR für die Zeit vom 1.5.2005 bis zum 31.12.2005 und i.H.v. monatlich 58,00 EUR abzüglich bereits geleisteter Zahlungen befristet bis zum 31.3.2007 verurteilt.
In seiner Berechnung war das erstinstanzliche Gericht von einem bereinigten Nettoeinkommen des Beklagten i.H.v. 1.600,68 EUR und aufseiten der Klägerin i.H.v. 148,50 EUR ausgegangen. Ferner hat es in seiner Entscheidung ausgeführt, dass die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien davon geprägt gewesen seien, dass beide eine fundierte Ausbildung absolviert hatten und in der Ehe berufstätig gewesen seien. Beide hätten zum Familienunterhalt beigetragen, es habe sich daher nicht um eine sog. "Hausfrauenehe" gehandelt.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Trennungsunterhalt bis zum 31.3.2007 befristet und hierzu ausgeführt, ihren gesundheitlichen Einschränkungen sei dadurch angemessen Rechnung getragen worden, dass die Unterhaltsansprüche nicht nur auf ein Jahr, sondern auf zwei Jahre begrenzt worden seien. Die Klägerin sei berufstätig gewesen und hoch qualifiziert. Deshalb treffe sie nach zwei Jahren eine Erwerbsobliegenheit, sie müsse sich dann selbst versorgen.
Die von der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegte Berufung hatte nur zum Teil Erfolg.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, maßgeblich für die Bemessung des Bedarfs der Klägerin seien die ehelichen Lebensverhältnisse in den Zeiträumen zwischen Trennung und Scheidung, für die Unterhalt verlangt werde. Die ehelichen Lebensverhältnisse entwickelten sich nämlich im Zeitraum zwischen Trennung und Ehescheidung fort. Es komme also grundsätzlich auf den aktuellen Stand der wirtschaftlichen Verhältnisse an, an deren Entwicklung die Ehegatten bis zur Scheidung teilnähmen (Gerhardt in: Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 4 Rz. 225; Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 1361 Rz. 63).
Soweit es um Erwerbseinkünfte der Parteien gehe, sei für den Zeitraum Mai 2005 bis Dezember 2005 die Einkommenssituation des Jahres 2004 maßgebend; für die Zeit ab 1.1.2006 komme es auf die Einkommensverhältnisse des Jahres 2005 an. Abzustellen sei also auf das jeweils vorausgehende abgeschlossene Kalenderjahr (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rz. 586).
Der Steuerklassenwechsel des Beklagten von Klasse III in Klasse I, der sich im Jahre 2006 bereits vollumfänglich ausgewirkt habe, habe die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt und sei daher zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Bei der Unterhaltsbemessung komme es auf die reale gegenwärtige Steuerlast an (BGH FamRZ 1991, 304).
Bei der Klägerin sei hinsichtlich des Jahres 2005 von einem durchschnittlichen Monatseinkommen aus Erwerbseinkünften i.H.v. 165,00 EUR aus dem sog. "Mini-Job" auszugehen. Bereinigt um 5 % für berufsbedingte Aufwendungen und den Erwerbstätigenbonus von 1/10 verblieben der Klägerin 141,08 EUR. Dieses Erwerbseinkommen sei mit Beginn des Jahres 2006 weggefallen.
Die Hinzurechnung eines "bedarfsmindernden" fiktiven Einkommens der Klägerin scheide gemäß § 1361 Abs. 2 BGB zumindest für das Trennungsjahr - somit bis einschließlich März 2006 - aus. Grundsätzlich bestehe danach die Obliegenheit zur Aufnahme einer Vollerwerbstätigkeit. Allerdings gehörten zu den persönlichen Verhältnissen, die Einfluss auf die Erwerbsobliegenheit hätten, auch Alter, Gesundheitszustand, Aus- und Vorbildung sowie die Lebensverhältnisse während der Ehe. Danach kam das OLG zu dem Ergebnis, der Klägerin müsse es im Hinblick auf ihre berufliche Vorbildung möglich sein, ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 1.000,00 EUR bis 1.100,00 EUR monatlich zu erzielen. Im Hinblick auf ihre gesundheitlichen Einschränkungen sei dieser Betrag auf 600,00 EUR monatlich zu reduzieren. Dies gelte jedenfalls für die Zeit nach Ablauf des Trennungsjahres - somit ab April 2006.
Für eine Begrenzung des Trennungsunterhaltsanspruchs der Klägerin bis zum 31.3.2007 sei eine Grundlage nicht erkennbar. Eine solche Beschränkung sehe § 1361 Abs. 3 BGB lediglich für d...