Leitsatz
Die im Jahre 1993 geborene Antragstellerin hatte am 30.6.2009 einen Antrag auf Befreiung vom Erfordernis der Ehemündigkeit gestellt. Sie war seit dem 26.3.2009 durch Einbürgerung deutsche Staatsangehörige und beabsichtigte, einen im Jahre 1985 geborenen syrischen Staatsangehörigen zu heiraten.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Jugendamtes hat das erstinstanzliche Gericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe der anwaltlich vertretenen Antragstellerin zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss legte sie Beschwerde ein, der das erstinstanzliche Gericht nicht abgeholfen hat.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die sofortige Beschwerde der Antragstellerin für begründet. Das von ihr betriebene Verfahren auf Erteilung einer Befreiung vom Erfordernis der Ehemündigkeit habe entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts Aussicht auf Erfolg.
Die von der Antragstellerin beantragte Befreiung nach § 313 Abs. 2 BGB sei zu erteilen, wenn die Eingehung der Ehe trotz Minderjährigkeit dem Wohl der minderjährigen Antragstellerin entspreche. Bei der zu treffenden Entscheidung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, sondern um eine gebundene, das Kindeswohl konkretisierende Entscheidung (Palandt, BGB, 68. Aufl., § 1303 Rz. 5).
Ob die von der Antragstellerin beabsichtigte Ehe ihrem Wohl entspreche, könne jedenfalls auf der Grundlage der von dem erstinstanzlichen Gericht angeführten Tatsachen nicht verneint werden.
Soweit sich das AG auf die Stellungnahme des Jugendamtes berufe, dass keine "gesicherten Rahmenbedingungen" für die Eheschließung vorlägen, bleibe mangels weiterer Erläuterungen bereits unklar, auf welchen möglichen Ablehnungsgrund das AG sich stützen wolle. Dass der in Aussicht genommene Ehemann über keine Einkünfte aus einer beruflichen Tätigkeit verfüge, rechtfertige jedenfalls eine Nichterteilung der Befreiung nicht. Soweit das erstinstanzliche Gericht gemeint habe, ohne persönliche Anhörung der Antragstellerin aus der Tatsache, dass sie mit 16 Jahren schwanger geworden sei, folgern zu können, ihr fehle es an der erforderlichen Reife, sei auch diese Argumentation nicht überzeugend.
Ob die Antragstellerin die für eine Ehe erforderliche charakterliche Reife besitze und ob sie die Tragweite einer Ehe hinreichend erfasse, sei durch den zuständigen Amtsrichter nur im Rahmen einer persönlichen Anhörung der Antragstellerin sowie im Rahmen weiterer Ermittlungen festzustellen.
Auch der Umstand, dass der in Aussicht genommene Ehemann bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, könne die Ablehnung des Antrages nicht rechtfertigen.
Die im Jahre 2006 von ihm begangenen Vermögensdelikte ließen nicht den Schluss zu, dass entweder die Ehe voraussichtlich scheitern werde oder dass ein Umgang aufgrund der Art der Vorstrafe nicht dem Kindeswohl entspreche.
Nach Abwägung der genannten Kriterien komme dem Antrag der Antragstellerin hinreichende Erfolgsaussicht zu, so dass ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen sei. Ob ihr Antrag dann letztendlich tatsächlich Erfolg habe, bedürfe zunächst weiterer Ermittlungen des erstinstanzlichen Gerichts.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 28.12.2009, 6 WF 439/09