Leitsatz
Die Parteien stritten um den nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab August 2005. Ihre Ehe war durch Urteil vom 29.6.2004 rechtskräftig geschieden worden. Kurz nach der Ehescheidung heiratete der Beklagte am 28.09.2004 seine neue Ehefrau und adoptierte mit Beschluss vom 15.07.2005 deren Tochter.
Die geschiedene Ehefrau begehrte nachehelichen Unterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB.
Sie legte aufseiten des Beklagten fiktive Einkünfte aufgrund unwirtschaftlichen Wirtschaftens mit seinem Vermögen bzw. einem Vorteil durch unentgeltliches Wohnen zugrunde. Sie und der Beklagte hatten während der gemeinsamen Ehe in dem Haus des Beklagten gewohnt, welches dieser nach der Scheidung veräußerte. Den Veräußerungserlös verbrauchte er zum Teil für Prozesskosten und Restdarlehen sowie die Einrichtung seiner nach der Trennung der Parteien bezogenen Mietwohnung. Ferner hatte er für ein neues Haus mit seiner neuen Ehefrau ca. 42.000,00 EUR aufgewendet.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage der geschiedenen Ehefrau auf Zahlung nachehelichen Unterhalts insgesamt abgewiesen.
Hiergegen legte sie Berufung ein und machte im Wesentlichen geltend, dass aufseiten des Beklagten Zinseinkünfte bzw. ein Vorteil mietfreien Wohnens zu berücksichtigen sei. Der Beklagte beantragte Zurückweisung der Berufung.
Das Rechtsmittel der geschiedenen Ehefrau hatte teilweise Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG errechnete Erwerbseinkünfte des Beklagten i.H.v. ca. 2.082,00 EUR monatlich und setzte hiervon diverse eheprägende Positionen ab.
Es kam ferner zum Ergebnis, dass das Einkommen des Beklagten nicht um einen Vorteil für mietfreies Wohnen oder um fiktive Zinseinkünfte zu erhöhen sei. Auch liege in der Investition in ein neues Haus keine unwirtschaftliche Verschwendung des Vermögens. Dies gelte auch dann, wenn sich ein realer geldwerter Vorteil voraussichtlich erst in einigen Jahren erzielen ließe. Eine solche Beschränkung würde die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit des Beklagten durch unterhaltsrechtliche Ansprüche zu stark einschränken.
Das OLG kam ferner zu dem Ergebnis, dass Unterhaltsleistungen für die von dem Beklagten mit Beschluss vom 15.07.2005 adoptierte Tochter seiner zweiten Ehefrau die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt hätten. Es folgte hierbei ausdrücklich nicht der Auffassung des BGH in dessen Urteil vom 15.03.2006 (BGH v. 15.3.2006, XII ZR 30/04 in FamRZ 2006, 683 ff.), wonach auch nach Rechtskraft der Scheidung eingetretene Belastungen bereits bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen seien. In seiner gegen die Rechtsprechung des BGH vertretenen Auffassung stützte sich das OLG auf folgende Argumente:
Zum einen würde bereits der Wortlaut des § 1578 Abs. 1 BGB einen eindeutigen Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnisse voraussetzen. Nacheheliche Belastungen könnten nur noch dann Berücksichtigung finden, wenn der Unterhaltsberechtigte mit ihnen zu rechnen gehabt habe, weil sie zumindest in der Ehe bereits angelegt gewesen seien.
Die Ehe beruhe grundsätzlich darauf, dass Entscheidungen und Planungen im gegenseitigen Einvernehmen getroffen würden. Würde ein nachehelich geborenes oder angenommenes Kind bedarfssenkend berücksichtigt werden, so würde es der jeweiligen Partei ermöglicht, einseitig die "ehelichen Lebensverhältnisse" zu beeinflussen. Schon aus diesem Grunde wäre die Annahme eines Bezuges zur vorherigen Ehe kaum möglich.
Auch stelle der BGH bei nachehelichen Einkommenssteigerungen weiterhin darauf ab, dass diese zumindest ihren Ursprung in der Ehe gehabt haben müssten (vgl. BGH, Urt. v. 29.01.2003 - XII ZR 92/01 in FamRZ 2003, 590 ff.). Es erschien nach Auffassung des OLG fragwürdig, dieses Kriterium bei Einkommensminderungen nicht ebenfalls konsequent anzuwenden.
Zudem erscheine es auch unbillig, zwar die Vorteile einer neuen Ehe (wie z.B. das Ehegattensplitting) aus der Bedarfsermittlung auszuschließen, dagegen aber Belastungen einzubeziehen. So sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Vorteil des Ehegattensplittings lediglich der neuen Ehe vorbehalten und finde keine Berücksichtigung bei der Bedarfsermittlung. Würde dagegen die Belastung durch die Adoption eines Kindes aus dieser neuen Ehe berücksichtigt, würde ein Ereignis, das ausschließlich in der neuen Ehe angelegt sei, rückwirkend die Verhältnisse der vorherigen Ehe beeinflussen können.
Die Annahme des Kindes der neuen Ehefrau als eigenes habe keinen tatsächlichen Bezug zu den ehelichen Verhältnissen zwischen der Klägerin und dem Beklagten. Letztlich habe die Klägerin im vorliegenden Fall auch nicht mit weiteren Kindern des Beklagten rechnen müssen, da dieser sich während der gemeinsamen Ehe bereits habe sterilisieren lassen. Folgerichtig kam das OLG zu dem Ergebnis, dass der Beklagte die Unterhaltsleistungen an seine adoptierte Tochter nicht bereits bei der Bedarfsermittlung in Abzug bringen könne.
Hinweis
Das Urteil des OLG Celle enthält überzeugende Argumente gegen eine bedarfsmindernde Berücksichtigung nache...