Leitsatz

Die Entscheidung des OLG Stuttgart setzt sich mit einer der bedeutenderen Neuregelungen des zum 1.1.2009 in Kraft getretenen Familienverfahrensrechts auseinander, der Vorschrift des § 137 Abs. 2 S. 1. Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, wie zu verfahren ist, wenn das Familiengericht bei seiner Terminierung die Zwei-Wochen-Frist der Vorschrift nicht beachtet hat.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten stritten um die Statthaftigkeit einer Folgesache in dem Scheidungsverbundverfahren. Der Ehescheidungsantrag war am 1.6.2010 rechtshängig geworden. Mit Terminsladung vom 11.10.2010, den Verfahrensbevollmächtigten der Ehefrau zugestellt am 13.10.2010, bestimmte das Familiengericht Verhandlungstermin auf den 25.10.2010. Mit Schriftsatz vom 15.10.2010 - beim FamG eingegangen am 18.10.2010 - beantragte die Ehefrau eine Entscheidung zum nachehelichen Ehegattenunterhalt im Verbundverfahren. Zugleich stellte sie den Antrag, den auf den 25.10.2010 bestimmten Verhandlungstermin zu verlegen.

Das Familiengericht lehnte die Terminsverlegung mit Verfügung vom 19.10.2010 ab und wies darauf hin, der Folgesachenantrag seien im Verbund unzulässig, ggf. sei der nacheheliche Unterhalt in einem isolierten Verfahren geltend zu machen.

Im Termin vom 25.10.2010 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin, das Verfahren auszusetzen.

Mit seiner am 2.11.2010 verkündeten Entscheidung hat das Familiengericht die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Den Antrag in der Folgesache nachehelicher Unterhalt hat es unter Hinweis auf die Vorschrift des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG als unzulässig abgewiesen.

Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.

Ihr Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Sache an das FamG zurückverwiesen. Eine Entscheidung des Beschwerdegerichts in der Sache selbst sei nicht möglich, dem Antrag der Antragstellerin auf Aufhebung und Zurückverweisung sei daher stattzugeben.

Das OLG ging davon aus, dass die Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG einen verspäteten Antrag nur dann hindere, wenn für die Beteiligten überhaupt die Möglichkeit bestanden hätte, die gesetzliche Frist einhalten zu können. Sinn und Zweck der Regelung in § 137 Abs. 2 FamFG sei, missbräuchlich zur Verschleppung des Verfahrens erst in der mündlichen Verhandlung gestellte Anträge aus dem Verbund auszuschließen, nicht aber den Verbund in der Weise einzuschränken, dass auch ein sofort nach der Zustellung der Ladung gestellter Antrag nicht mehr in den Verbund einbezogen werden könne.

In den Gesetzesmaterialien fänden sich keine Erwägungen zu der Frage, ob und auf welche Weise die Einhaltung der Frist sicherzustellen sei.

In Fällen wie dem vorliegenden führe die Regelung entweder dazu, dass ein Folgesachenantrag im Verbund nicht ermöglicht werde oder aber ein bereits festgelegter Termin im Nachhinein zu verlegen sei. Mit dem Gesetzeszweck, nämlich der Verhinderung missbräuchlichen Vorgehens, habe dies nichts zu tun.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.01.2011, 17 UF 304/10

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