Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehescheidungsverbundverfahren: Einbeziehung von Folgesachen in den Verbund bei Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs. 2 FamFG

 

Leitsatz (amtlich)

Sollen im Scheidungsverbundverfahren Folgesachenanträge anhängig gemacht werden, so muss die Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG eingehalten werden können (im Anschluss an OLG Oldenburg FamRZ 2010, 2015 m. Anm. Löhnig). Ist das durch das Familiengericht nicht beachtet, ist einem hierauf gestützten Terminsverlegungsantrg stattzugeben.

 

Normenkette

FamFG § 137 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Tuttlingen (Beschluss vom 02.11.2010; Aktenzeichen 2 F 437/10)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Tuttlingen vom 2.11.2010 - 2 F 437/10 - aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das AG - Familiengericht - Tuttlingen zurückverwiesen.

2. Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 7.700 EUR.

 

Gründe

I. Die beteiligten Ehegatten streiten um die Statthaftigkeit einer Folgesache im Scheidungsverbundverfahren. Der Scheidungsantrag wurde am 25.5.2010 anhängig und am 1.6.2010 rechtshängig. Mit Terminsladung vom 11.10.2010, den Verfahrensbevollmächtigten der Ehefrau zugestellt am 13.10.2010, bestimmte das Familiengericht Verhandlungstermin auf den 25.10.2010. Durch Schriftsatz vom 15.10.2010, bei dem Familiengericht eingegangen am 18.10.2010, beantragte die Ehefrau, dass der nacheheliche Ehegattenunterhalt, den sie auf monatlich 620 EUR bezifferte, im Verbundverfahren entschieden werde. Zugleich stellte sie unter Hinweis auf die ihres Erachtens unzureichende Ladungsfrist den Antrag, den auf den 25.10. bestimmten Verhandlungstermin zu verlegen. Letzteres lehnte das Familiengericht mit Verfügung vom 19.10.2010 ab und wies darauf hin, der Folgesachenantrag sei im Verbund unzulässig; gegebenenfalls sei der nacheheliche Unterhalt in einem isolierten Verfahren geltend zu machen. Im Termin vom 25.10.2010 ließ die Antragstellerin beantragen, dass das Verfahren ausgesetzt werde. Das Familiengericht übergab sodann der Verfahrensbevollmächtigten des Ehemannes den genannten Schriftsatz vom 15.10.2010, wies nochmals auf die Unzulässigkeit des Folgesachenantrags hin und bestimmte Verkündungstermin auf den 2.11.2010. Mit seiner unter diesem Datum verkündeten Entscheidung hat das Familiengericht ausgesprochen, dass die Ehe geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt werde. Den Antrag in der Folgesache nachehelicher Unterhalt hat es unter Hinweis auf die Vorschrift des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG als unzulässig abgewiesen. Dagegen wendet sich die antragstellende Ehefrau mit ihrer Beschwerde.

Sie rügt die Nichtbeachtung fairer Verfahrensgrundsätze. So habe die Zweiwochenfrist des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG von vornherein nicht eingehalten werden können, bereits der Zeitraum zwischen Zustellung der Terminsladung und dem Termin sei kürzer als zwei Wochen gewesen.

Die Vorschrift des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG sei deshalb einschränkend auszulegen, wie dies auch durch eine Entscheidung des OLG Oldenburg - 13 UF 46/10 - erfolgt sei.

Die Antragstellerin beantragt:

Der Beschluss des AG Tuttlingen vom 2.11.2010 - 2 F 437/10, wird aufgehoben und an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.

Hilfsweise beantragt sie:

Der Beschluss des AG Tuttlingen vom 2.11.2010 - 2 F 437/10, wird dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner verpflichtet wird, ab dem Monat, der auf die Rechtskraft der Ehescheidung folgt, jeweils zum 01. eines jeden Monats an die Antragstellerin eine monatliche Nachehelichenunterhaltsrente i.H.v. EUR 620 zu bezahlen.

Der Ehemann stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er beruft sich auf den Wortlaut des Gesetzes, das gerade Verzögerungen in den Verbundsachen entgegenwirken wolle. Seinem Kenntnisstand nach sei gegen die Entscheidung des OLG Oldenburg, auf welche sich die Antragstellerin berufe, Rechtsbeschwerde eingelegt worden. Allerdings habe die Verbundsache vor dem Familiengericht wohl in einem eigenständigen Verfahren fortgeführt werden können.

Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit ihrem Einverständnis entscheidet der Senat im schriftlichen Verfahren.

II.1. Die Beschwerde ist nach §§ 58, 117 FamFG statthaft und zulässig; sie hat in der Sache mit der Maßgabe Erfolg, dass die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Familiengericht zurückzuverweisen war (§ 146 Abs. 1 FamFG). Der Senat konnte in dem Scheidungsverbundverfahren, das auch die Folgesache Ehegattenunterhalt einschließt, nicht selbst entscheiden. Aus diesem Grunde kam der durch die Antragstellerin gestellte Antrag zum Tragen, mit welchem sie die Aufhebung und Zurückverweisung an das Familiengericht beantragt.

2.a) Nach § 137 Abs. 2 Satz 1 FamG ist für die Einbeziehung von - dort näher aufgeführten - Folgesachen in den Ve...

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