Leitsatz
Eheleute deutscher Staatsangehörigkeit hatten im Jahre 1979 vor dem Rabbiner in Israel die Ehe geschlossen. Aus der Ehe waren zwei in den Jahren 1982 und 1987 geborene Söhne hervorgegangen. Der letzte gemeinsame Aufenthalt der Eheleute war in Deutschland. Seit 1994 lebte die Antragstellerin mit den Söhnen in Israel, der Antragsgegner verblieb in Deutschland und begehrte hier im Jahre 1998 die Scheidung der Ehe. Die Ehefrau wandte in dem Verfahren anderweitige Rechtshängigkeit ein, weil sie bereits vor Zustellung des inländischen Ehescheidungsantrages 1996 in Israel das Rabbinatsgericht mit dem Ziel der ausschließlichen Ehescheidung in jenem Verfahren angerufen habe. Der Ehemann widersetzte sich der Scheidung in Israel und verweigerte seine Mitwirkung an dem dortigen Scheidungsverfahren.
Das AG sprach die Scheidung der Ehe aus und trennte den Versorgungsausgleich mangels Mitwirkung der Ehefrau an der Klärung ihrer Rentenanwartschaften ab. Die frühere Rechtshängigkeit eines Ehescheidungsverfahrens in Israel habe mangels Vorlage entsprechender Urkunden nicht festgestellt werden können.
Die Ehefrau legte gegen das Urteil Berufung ein und reichte eine Bescheinigung des regionalen rabbinischen Gerichtshofes zu den Akten, der zufolge dessen Verfahrensakten des Jahres 1996 durch einen Brand im Gerichtssaal vollständig vernichtet worden waren. Es lägen aber Erkenntnisse darüber vor, dass die Antragstellerin am 24.6.1996 einen Scheidungsantrag eingereicht habe.
Die Berufung der Ehefrau gegen das erstinstanzliche Urteil hatte keinen Erfolg. Hiergegen richtete sich ihre vom Berufungsgericht zugelassene Revision.
Die Revision war ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Der BGH hat die Revision der Ehefrau zurückgewiesen. Er hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach § 606a Abs. 1 Nr. 1 ZPO bejaht, weil das Verfahren zeitlich vor der Geltung der Brüssel-II bzw. Brüssel-IIa-VO eingeleitet worden sei, ein bilaterales Abkommen nicht bestehe und beide Eheleute deutsche Staatsangehörige seien. Das Vorliegen der anderweitigen Rechtshängigkeit durch das frühere ausländische Verfahren, das zur Unzulässigkeit des späteren Scheidungsantrages führen würde, hat der BGH offen gelassen. Selbst wenn die vor dem Rabbinatsgericht vorgenommene Scheidung als Entscheidung, die einer Anerkennung fähig wäre, angesehen werden könnte, dürfte dies mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar sein, weil sie dogmatisch eine Verurteilung zur Vornahme einer Privatscheidung darstelle. Um eine solche handelte es sich nach Auffassung des BGH bei einer Scheidung vor einem Rabbinatsgericht, auch wenn diese in ein strenges und formalisiertes Verfahrensvorschriften unterliegendes gerichtsförmiges Verfahren eingebettet sei. Danach handele es sich nicht um die Anerkennung eines konstitutiven Hoheitsaktes nach dem Maßstab der prozessualen Anerkennungsvorschriften, sondern um die Anerkennung eines privaten Rechtsgeschäfts.
Letzteres führe dazu, dass eine Privatscheidung nur anerkannt werden könne, wenn zugleich die Voraussetzungen für eine Scheidung nach dem aus deutscher Sicht maßgeblichen Scheidungsstatut vorgelegen hätten. Gelte jedoch deutsches Scheidungsstatut, sei jede im Ausland vollzogene rechtsgeschäftliche Scheidung stets unwirksam und nicht anerkennungsfähig (vgl. BGH BGHZ 110, 267, 277 m.w.N.; BayObLG FamRZ 1994, 1263 [1264]; Erman/Hohloch, a.a.O., Art. 17 EGBGB Rz. 81 m.w.N.).
Hinweis
Dem deutschen Recht ist eine Privatscheidung fremd. Daher kann im Inland keine wirksame Privatscheidung erfolgen. Liegt jedoch eine im Ausland vorgenommene Privatscheidung vor, darf hieraus im Rahmen der anwaltlichen Beratung nicht vorschnell der Schluss gezogen werden, dass diese von vornherein als unwirksam anzusehen ist. Maßgeblich für die Beurteilung der Anerkennungsfähigkeit ist das jeweilige Scheidungsstatut. Ist eine Heimatbehörde beteiligt oder erfolgt eine staatliche Registrierung, kann bei vorliegen der übrigen Voraussetzungen die ausländische Scheidung nach Art. 7 § 1 FamRÄndG hier anerkannt werden. Ist jedoch einer der Ehegatten Deutscher, ergibt sich das Scheidungsstatut aus Art. 17 EGBGB und führt zur Anwendung deutschen Scheidungsrechts. Damit scheitert nach wie vor jede Anerkennungsmöglichkeit für eine im Ausland vollzogene Privatscheidung.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 28.05.2008, XII ZR 61/06