Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein kompensationslos vereinbarter Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist und zur gesamten Nichtigkeit des Ehevertrages führen kann.
Sachverhalt
Zwei Wochen vor ihrer Eheschließung schlossen die zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alte und im neunten Monat schwangere Erzieherin sowie ein 44 Jahre alter Jurist einen Ehevertrag, in dem Gütertrennung und der Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbart wurden, eine Pflicht zur Berufstätigkeit bis zur Geburt von Kindern statuiert und ferner geregelt war, dass nach Geburt von Kindern die Ehefrau ihre Berufstätigkeit vorübergehend aufgeben sollte.
Der nacheheliche Unterhalt wurde bei Scheidung innerhalb von fünf Jahren nach Eheschließung ausgeschlossen. Der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB sollte jedoch unberührt bleiben. Das Maß des Unterhalts sollte sich nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern nach dem erlernten bzw. mit einem höheren Einkommen verbundenen ausgeübten Beruf des unterhaltsberechtigten Ehegatten bestimmen. Ferner enthielt der Vertrag eine salvatorische Klausel. Die Ehefrau ging von der Nichtigkeit des Ehevertrages aus und forderte die Durchführung des Versorgungs- und Zugewinnausgleichs.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Ehe geschieden, dem Unterhaltsverlangen teilweise entsprochen, den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt, den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten und die Zugewinnausgleichsstufenklage abgewiesen.
Hiergegen legten beide Parteien Berufung ein. Daraufhin hat das OLG den Unterhaltsausspruch herabgesetzt und den Ehemann verurteilt, der Ehefrau Auskunft über sein Endvermögen per Stichtag zu erteilen. Den Antrag des Ehemannes festzustellen, dass ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich nicht stattfinde, hat es abgewiesen.
Gegen die Entscheidung zum Zugewinnausgleich und zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich richtete sich die - insoweit zugelassene - Revision des Ehemannes.
Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BGH blieb im Hinblick auf seine bisherigen Entscheidungen zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen dabei, dass sich der Zugewinnausgleich einer vertraglichen Gestaltung am weitesten zugänglich erweise. Auch wenn der vertraglich vereinbarte Unterhalt hinter dem gesetzlichen zurückbleibe, sei die Grenze der Sittenwidrigkeit erst dann erreicht, wenn ehebedingte Nachteile, insbesondere durch eine Kinderbetreuung, nicht ausgeglichen würden.
Der Versorgungsausgleich sei insoweit disponibel, als es um die gleichberechtigte Teilhabe am beiderseits erworbenen Versorgungsvermögen gehe. Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs dürfe jedoch nicht dazu führen, dass bei einer Kinderbetreuung keine ausreichende Altersversorgung aufgebaut würde. Die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages könne sich aus einer Gesamtschau ergeben, insbesondere wenn er auf eine einseitige Benachteiligung der Ehefrau ziele. In diesem Zusammenhang sei auch ein gravierendes wirtschaftliches sowie soziales Ungleichgewicht zwischen den Ehegatten zu berücksichtigen. Kriterien seien die Schwangerschaft der Ehefrau, die juristische Versiertheit des älteren und beruflich erfolgreichen Mannes, das Unterbleiben einer Vorbesprechung mit dem Notar und die fehlende rechtzeitige Übersendung eines Entwurfs. Die salvatorische Klausel helfe bei einem für eine Partei nachteiligen Vertrag nicht.
Hinweis
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass die Rechtsprechung zu diesem Problem weiterhin wenig berechenbar bleibt. Das angeführte Argument, dass der Ehevertrag auf eine einseitige Benachteiligung abziele, erscheint einsichtig. Allerdings ist der Anlass für einen Ehevertrag regelmäßig der Schutz einer Partei. Es kommt deshalb nicht darauf an, was abbedungen wird, maßgeblich ist vielmehr, was für den anderen Teil im Vergleich zur Situation ohne ehebedingte Veränderungen übrig bleibt.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 09.07.2008, XII ZR 6/07