Leitsatz
Das OLG Hamm hat sich in dieser Entscheidung mit der Unwirksamkeit einer notariellen Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs auseinandergesetzt. Bei der zugrunde liegenden Fallkonstellation hatten die Eheleute schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geplant, gemeinsame Kinder zu haben, deren Betreuung die Ehefrau übernehmen und infolgedessen auf eine eigene Erwerbstätigkeit verzichten sollte.
Sachverhalt
Das AG hatte die am 19.4.1991 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und angeordnet, dass der Versorgungsausgleich nicht stattfinde. Hierbei hatte es die Wirksamkeit der zwischen den Parteien am 2.4.1991 geschlossenen Ehevertrag zugrunde gelegt und war davon ausgegangen, dass eine einseitige Benachteiligung der Antragstellerin durch den Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht erkennbar sei.
Hierbei sei auch berücksichtigt worden, dass die Parteien unstreitig gemeinsame Kinder geplant hätten und deren Betreuung durch die Antragstellerin hätte gewährleistet werden sollen. Aufgrund des jungen Alters der Ehefrau bei Vertragsschluss bzw. bei Eingehung der Ehe sei es ihr jedoch auch nach Abschluss der Kinderbetreuung möglich, eigene Rentenanwartschaften zu erwerben.
Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wandte sich die Ehefrau mit der Beschwerde und begehrte die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Sie berief sich dabei auf die Nichtigkeit des in der notariellen Urkunde vom 2.4.1991 vereinbarten Ausschluss des Versorgungsausgleichs.
Ihr Rechtsmittel erwies sich als begründet.
Entscheidung
Das OLG ging von der Nichtigkeit des in dem notariellen Ehevertrag vom 2.4.1991 zwischen den Eheleuten wechselseitig und kompensationslos vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs aus.
Der Versorgungsausgleich gehöre zum Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts. Ihm messe das Gesetz als Ausdruck ehelicher Solidarität besondere Bedeutung bei, so dass ein vertraglicher Ausschluss nicht schrankenlos möglich sei (vgl. BGH FamRZ 2009, 1041; 2008, 2011 m.w.N.; 2005, 26).
Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs sei deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn er dazu führe, dass ein Ehegatte aufgrund des schon bei Vertragsschluss geplanten Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfüge und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheine. Dies könne namentlich dann der Fall sein, wenn sich ein Ehegatte um die Betreuung der gemeinsamen Kinder kümmere und deshalb - bei Vertragsschluss bereits geplant - auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehe verzichte.
So liege der Fall hier. Gemeinsame Kinder und deren Versorgung durch die Antragstellerin unter Verzicht bzw. erheblicher Einschränkung auf den Ausbau einer eigenen Versorgungsbiographie hätten bei Abschluss des Ehevertrages der gemeinsamen Lebensplanung der Parteien entsprochen. Damit sei schon bei Vertragsschluss absehbar gewesen, dass bei Verwirklichung dieses Lebensplans die Antragstellerin für den Fall einer Scheidung das Risiko einer unzureichenden eigenen Altersversorgung allein zu tragen habe.
Besondere Umstände oder wichtige Belange, die eine derart einseitige Lastenverteilung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Die Parteien hätten im Senatstermin am 10.3.2010 übereinstimmend angegeben, dass der Ehevertrag auf den Empfehlungen des Rechtsanwalts beruht hätten, der den Antragsgegner im Verfahren zur Scheidung seiner ersten Ehe vertreten habe. Er habe den Abschluss des Ehevertrages empfohlen und entsprechend beraten.
Die Antragstellerin habe die schwächere Verhandlungsposition gehabt. Sie sei schon aufgrund ihres Alters von 21 Jahren dem um 14 Jahre älteren lebenserfahrenen Antragsgegner unterlegen gewesen. Dies sei dadurch verstärkt worden, dass der ihn vertretende Rechtsanwalt offenbar nur einseitig beraten habe, ohne dass dies der Antragstellerin erkennbar geworden sei.
Nach Auffassung des OLG war der Versorgungsausgleich daher durchzuführen.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 10.03.2010, II-5 UF 198/09