Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamer Ausschluss des VersAusgl bei Kinderbetreuung
Leitsatz (redaktionell)
Wird in einem Ehevertrag der Versorgungsausgleich vollständig ausgeschlossen, obwohl die Ehegatten bei Abschluss des Ehevertrages davon ausgegangen sind, dass aus der Ehe Kinder hervorgehen, liegen die Voraussetzungen einer Wirksamkeitskontrolle vor, wenn die Ehefrau wegen der Betreuung und Erziehung der gemeinsamen Kinder auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet hat.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Hagen (Urteil vom 20.11.2009; Aktenzeichen 132 F 78/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird das am 20.11.2009 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Hagen in seinem Ausspruch zum Versor-gungsausgleich abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Von dem Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Deut-schen Rentenversicherung Nord werden auf das Versicherungskonto Nr. ... bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen Rentenan-wartschaften von monatlich 226,63 EUR, bezogen auf den 30.4.2009, übertragen.
Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Die Kosten der Rechtsmittelinstanz werden gegeneinander aufgehoben.
Der Wert der Beschwerdeinstanz beträgt 1.000 EUR.
Gründe
I Das Familiengericht hat durch die im Ausspruch zum Versorgungsausgleich angefochtene Entscheidung die am 19.4.1991 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und angeordnet, dass der Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Das Familiengericht hat den Ausschluss des Versorgungsausgleichs durch den notariellen Ehevertrag vom 2.4.1991 für wirksam gehalten und dies damit begründet, dass eine einseitige Benachteiligung der Antragstellerin nicht erkennbar sei. Die Regelung zum Versorgungsausgleich gelte für beide Parteien, die bei Vertragsschluss volljährig gewesen und durch den Notar über die Folgen des Ausschlusses belehrt worden seien. Eine Zwangslage der Antragstellerin bei Vertragsschluss sei nicht erkennbar, das Kind sei erst 1993 geboren. Trotz des Altersunterschiedes von 14 Jahren seien die Belange der Antragstellerin durch die notarielle Form und der damit verbundenen Belehrung ausreichend gewahrt gewesen. Das Gericht habe berücksichtigt, dass die Parteien unstreitig gemeinsame Kinder planten und deren Betreuung durch die Antragstellerin gewährleistet werden sollte. Aufgrund des jungen Alters der Antragstellerin bei Vertragsschluss bzw. bei Eingehung der Ehe sei es ihr jedoch auch nach Abschluss der Kinderbetreuung möglich, eigene Rentenanwartschaften zu erwerben.
Mit der Beschwerde begehrt die Antragstellerin die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Sie macht - wie in erster - Instanz geltend, dass der in der notariellen Urkunde vom 2.4.1991 vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs gem. § 138 BGB nichtig sei.
II Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Der Versorgungsausgleich ist nach den gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen.
1. Der im notariellen Ehevertrag vom 2.4.1991 wechselseitig und kompensationslos vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist gem. § 138 BGB nichtig.
a) Der Versorgungsausgleich gehört zum Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts. Ihm misst das Gesetz als Ausdruck ehelicher Solidarität besondere Bedeutung bei, so dass ein vertraglicher Ausschluss nicht schrankenlos möglich ist (vgl. BGH FamRZ 2009, 1041; 2008, 2011 m.w.N.; 2005, 26).
Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund des schon beim Vertragsschluss geplanten Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint. Das kann namentlich dann der Fall sein, wenn sich ein Ehegatte, wie schon beim Vertragsschluss geplant, der Betreuung der gemeinsamen Kinder gewidmet und deshalb auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehe verzichtet hat. Das in diesem Verzicht liegende Risiko verdichtet sich zu einem Nachteil, den der Versorgungsausgleich gerade auf beide Ehegatten gleichmäßig verteilen will und der ohne Kompensation nicht einem Ehegatten allein angelastet werden kann, wenn die Ehe scheitert (BGH FamRZ 2009, 1041; 2008, 2011 m.w.N.).
So liegt der Fall hier. Gemeinsame Kinder und deren Versorgung durch die Antragstellerin unter Verzicht bzw. erheblicher Einschränkung auf den Ausbau einer eigenen Versorgungsbiographie entsprachen bei Abschluss des Ehevertrages der gemeinsamen Lebensplanung der Parteien. Damit war schon bei Vertragsschuss absehbar, dass bei Verwirklichung dieses Lebensplans die Antragstellerin für den Fall einer Scheidung das Risiko einer unzureichenden eigenen Altersversorgung allein zu tragen hat. Mit dem ehevertraglichen Ausschluss des Versorgungsausgleichs wurde dieser Nachteil auf die Antragstellerin verlagert, ohne dass diese einseitige Lastenverteilung durch anderweitige Vorteile kompensiert wurde.
Eine solche Regelung ist mit dem Grundsatz ehelicher ...