1 Leitsatz
Wird die Aufteilung eines Mehrfamilienhauses in Eigentumswohnungen nach dem Wohnungseigentumsgesetz später geändert und das Sondereigentum an der Mietwohnung mit einem veränderten Miteigentumsanteil veräußert, wird eine neue Kündigungssperrfrist in Gang gesetzt.
2 Normenkette
§ 577a BGB; § 8 WEG
3 Das Problem
Die ordentliche Kündigungsfrist, z. B. bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs, ist abhängig von der Dauer des Mietverhältnisses und beträgt maximal 9 Monate. Wurde an den vermieteten Wohnräumen jedoch nach Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet (Umwandlung) und das Wohnungseigentum veräußert, kann sich der Erwerber erst nach Ablauf von 3 Jahren seit der Veräußerung auf Eigenbedarf berufen (Kündigungssperrfrist, § 577a Abs. 1 BGB).
Diese Sperrfrist beträgt sogar bis zu 10 Jahre, wenn in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist und die Landesregierung von ihrer Ermächtigung Gebrauch gemacht hat, diese Gebiete sowie die Frist durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens 10 Jahren zu bestimmen (§ 577a Abs. 2 BGB).
Zahlreiche Bundesländer, u. a. auch Bayern, haben von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. Der Lauf der Sperrfrist beginnt mit der Eintragung des ersten Erwerbers des (nach Überlassung des Wohnraums an den Mieter begründeten und sodann veräußerten) Wohnungseigentums im Grundbuch. Weitere Erwerber treten in diese Frist ein (§ 566 BGB); für sie beginnt die Frist nicht neu zu laufen.
4 Die Entscheidung
Wird die Aufteilung nach dem WEG jedoch später geändert und das Sondereigentum an der Mietwohnung mit einem veränderten Miteigentumsanteil erneut veräußert, wird nach einem neuen Urteil des LG Berlin eine neue Kündigungssperrfrist in Gang gesetzt. In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Eigentümerin, eine GbR, nach Abschluss des Mietvertrags eine Aufteilung in Wohnungseigentum vorgenommen und eine Wohnung an eine GmbH veräußert. Zwei Jahre später wurde die Teilung aufgehoben, eine neue Aufteilung vorgenommen und die Wohnung anschließend an eine GmbH und dann an den jetzigen Vermieter und Kläger verkauft, der das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs gekündigt hat.
Das LG Berlin begründete sein Urteil damit, dass sich die 1. Veräußerung auf einen anderen Vermögenswert bezogen habe als die WEG-Einheit, die vom Kläger erworben wurde. Diese sei neu geschaffen und anders zusammengesetzt als das Wohnungseigentum bei der 1. Veräußerung. Mit der Veräußerung nach der neuen Aufteilung wird daher eine neue Kündigungssperrfrist in Gang gesetzt.
5 Entscheidung
LG Berlin, Urteil v. 26.10.2022, 66 S 249/21