BGH: Berliner Kündigungssperrfrist ist wirksam

In ganz Berlin gilt nach der ersten Veräußerung einer vermieteten Wohnung nach Umwandlung in Wohnungseigentum eine verlängerte Kündigungssperrfrist von zehn Jahren. Diese Regelung ist wirksam, so der BGH.

Um Mieter nach der Umwandlung ihrer Wohnung in Wohnungseigentum mit anschließender Veräußerung vor alsbaldigen Eigenbedarfskündigungen der Erwerber zu schützen, ordnet § 577a BGB eine Kündigungssperrfrist an. Demnach kann sich ein Erwerber frühestens drei Jahre nach dem Erwerb auf ein berechtigtes Interesse für eine Kündigung berufen. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt kann die Kündigungssperrfrist auf bis zu zehn Jahre verlängert werden, was sich aus § 577a Abs. 2 Satz 1 BGB ergibt.

Das Land Berlin hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Die im Jahr 2013 erlassene Kündigungsschutzklauselverordnung sieht für ganz Berlin eine auf zehn Jahre verlängerte Kündigungssperrfrist vor. Vorangegangene Verordnungen hatten die Sperrfrist nur für einzelne Berliner Bezirke verlängert.

Längere Kündigungssperrfrist für ganz Berlin ist wirksam

In einem Verfahren vor dem BGH stand unter anderem im Streit, ob die Kündigungsschutzklausel-Verordnung wirksam für ganz Berlin erlassen werden konnte. Der BGH bejaht die Frage und hält die Verordnung für wirksam. Insbesondere sei nicht zu beanstanden, dass die Verordnung für ganz Berlin gilt und nicht nur für einzelne Bezirke. Dem Landesgesetzgeber stehe bei der Einschätzung der gegenwärtigen und künftigen Lage der Wohnraumversorgung ein weiterer Beurteilungsspielraum zu. Dieser sei hier nicht überschritten.

Das Land Berlin hatte seine Entscheidung ausweislich der Begründung der Verordnung auf insgesamt neun Indikatoren gestützt, darunter die Entwicklung der Versorgung mit Mietwohnungen der Jahre 2006 bis 2011 sowie der Indexe Angebotsmieten/Bestandsmieten (2012/2006). Hieraus hatte der Berliner Senat eine besondere Gefährdung der ausreichenden Versorgung der gesamten Berliner Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen hergeleitet.

§ 577a Abs. 2 Satz 1 BGB verlange - ebenso wie die Regelungen zur Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen - nicht, dass bei Erlass der Verordnung eine Unterversorgung der Bevölkerung im gesamten Gemeindegebiet bereits besteht, sondern lediglich eine „besondere Gefährdungslage“. Eine solche hat der Berliner Senat angenommen. Da keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür bestanden hätten, dass sich die Lage auf abgrenzbare Gemeindeteile beschränkt, sei nicht zu beanstanden, dass die Verordnung für ganz Berlin gilt.

(BGH, Urteil v. 22.6.2022, VIII ZR 356/20)


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