Leitsatz
Die Gemeinschaftsordnung kann wirksam vorschreiben, daß die Eigentümer innerhalb ihres Sondereigentums über die gesetzlichen oder sich aus DIN-Normen ergebenden Standards zur Lärmvermeidung hinaus weitergehende Lärmschutzmaßnahmen treffen müssen (hier: erhöhter Schutz gegen Trittschall). Eine solche Einschränkung des Rechts der Sondereigentümer, mit ihrem Sondereigentum nach eigenem Gutdünken zu verfahren, ist nicht unbillig.
Sachverhalt
Einer der Eigentümer einer Wohnungseigentumsanlage hatte den Bodenbelag seiner Wohnung ausgetauscht und statt des vorhandenen Teppichbodens Fliesen verlegt. Durch den erhöhten Trittschall fühlten sich andere Wohnungseigentümer gestört und begehren nunmehr die Entfernung des Fliesenbodens unter Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.
Entscheidung
Das angerufene Gericht konnte in diesem Fall nicht abschließend entscheiden, da es noch an notwendigen Schallmessungen fehlte. Der Wohnungseigentümer ist aber jedenfalls dann verpflichtet, diesem Begehren nachzukommen und einen solchen Schallschutz wiederherzustellen, wie er vor Verlegung des Fliesenbodens bestand, wenn sich aufgrund der Messungen herausstellen sollte, daß die anderen Wohnungseigentümer tatsächlich erhöhtem Trittschall ausgesetzt sind.
Grundsätzlich steht nach § 5 Abs. 1 WEG der Bodenbelag der jeweiligen Wohnung im Sondereigentum des einzelnen Wohnungseigentümers und dieser ist ebenso grundsätzlich befugt, den Bodenbelag nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu wählen. Diese Gestaltungsmöglichkeit endet jedoch dort, wo das Gemeinschaftseigentum beginnt. Im Gemeinschaftseigentum steht hier aber zumindest die Trittschall-Dämmschicht auf der Rohdecke. Der Wohnungseigentümer darf nun aber von dem gemeinschaftlichen Eigentum wiederum nur in solcher Weise Gebrauch machen, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Dies bringt § 14 Nr. 1 WEG zum Ausdruck.
Bei der Beurteilung, ob ein solcher Nachteil durch die Neuverlegung andersartigen Fußbodenmaterials entstanden ist, sind durchaus objektivierbare Maßstäbe heranzuziehen und insbesondere auf Vorschriften der DIN zurückzugreifen.
Etwas anderes kann sich aber dann ergeben, wenn durch rechtsverbindliches Gemeinschaftsrecht ein anderer, höherer Standard vorgeschrieben ist. In vorliegendem Fall enthielt nämlich die Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümer die Bestimmung, daß bauliche Veränderungen aller Art der im Sondereigentum stehenden Räume, der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verwalters bedürfen, der seine Zustimmung dann verweigern kann, wenn sich hierdurch Nachteile für die übrigen Miteigentümer ergeben. In diesem Fall kann also nicht auf die DIN-Vorschriften, die nur einen gewissen Mindeststandard sichern, zurückgegriffen werden. Es müssen vielmehr Trittschallmessungen in Vergleichswohnungen durchgeführt werden, um tatsächlich nachteilige Veränderungen aufgrund der Auswechslung des Bodenbelags feststellen zu können. Bestätigt sich dann erhöhter Trittschall, so ist der Wohnungseigentümer verpflichtet, den Fliesenboden zu entfernen.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 14.11.1997, 16 Wx 275/97
Fazit:
Die Entscheidung macht deutlich, daß das Recht der Sondereigentümer, mit ihrem Eigentum nach Gutdünken zu verfahren, über die gesetzliche Wertung des § 14 Nr. 1 WEG hinaus durchaus eingeschränkt werden kann. Dies ist jedenfalls in einem solchen Maß möglich, als jede nicht erhebliche Verschlechterung des nachbarschützenden Standards der Wohnungseigentumsanlage grundsätzlich verboten werden kann.
Selbstverständlich sind hiervon nur erhebliche Verschlechterungen betroffen. Stellt sich also bei der durchzuführenden Trittschallmessung heraus, daß nur eine unerhebliche Erhöhung des Trittschall gegeben ist, wird von einer Verpflichtung des Wohnungseigentümers zur Entfernung des Fliesenbodens nicht auszugehen sein.