Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung zu besonderen Schallschutzmaßnahmen innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Die Gemeinschaftsordnung kann wirksam vorschreiben, daß die Eigentümer innerhalb ihres Sondereigentums über die gesetzlichen oder sich aus DIN-Normen ergebenden Standards zur Lärmvermeidung hinaus weitergehende Lärmschutzmaßnahmen treffen müssen (hier: erhöhter Schutz gegen Trittschall). Eine solche Einschränkung des Rechts der Sondereigentümer, mit ihrem Eigentum nach eigenem Gutdünken zu verfahren, ist nicht unbillig.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 18.09.1997; Aktenzeichen 29 T 105/97) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluß des Landgerichts Köln vom 18.09.1997 – 29 T 105/97 – aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde – an das Landgericht zurückverwiesen.
Gründe
Die in förmlicher Hinsicht gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG nicht zu beanstandende sofortige Beschwerde hat jedenfalls insofern einen vorläufigen Erfolg, als die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen war. Die angegriffene Entscheidung ist nicht frei von Rechtsfehlern (§ 27 Abs. 1, 561 FGG). Das Landgericht hat nämlich für die Entscheidung wesentlichen Tatsachenstoff unberücksichtigt gelassen.
Das Landgericht hat übersehen, daß – wie bereits in der Antragsschrift vorgetragen – die Gemeinschaftsordnung spezielle Regelungen für bauliche Maßnahmen innerhalb des Sondereigentums enthält, die die gesetzlich geregelten Pflichten der Eigentümer aus dem Gemeinschaftsverhältnis (§ 14 Nr. 1 WEG) modifizieren und in Bezug auf die hier streitige Frage des Trittschallschutzes verschärfen.
§ 10 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung hat nämlich folgenden Wortlaut:
”Bauliche Veränderungen in und an den Räumen, die im Sondereigentum stehen, wie Um-, An- und Einbauten sowie größere Installationen bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verwalters. Dieser kann die Zustimmung versagen, wenn sie oder ihre Vornahme sich auf das gemeinschaftliche Eigentum und seine Benutzung oder auf das Sondereigentum anderer Miteigentümer nachteilig auswirken.”
Nach dieser Bestimmung ist der Antragsgegner verpflichtet, auf das Verlangen der Antragstellerin den Trittschallschutz wiederherzustellen, wie er vor der Verlegung des Fliesenbodens in seinem Sondereigentum bestand, wenn sich die Geräuschübertragung durch den Austausch des bis dahin vorhandenen Teppichbodens nicht unwesentlich verschlechtert haben sollte. Die in diesem Zusammenhang noch offenen tatsächlichen Fragen wird das Landgericht im weiteren Verfahren zu klären haben.
Zwar steht nach § 5 Abs. 1 WEG der Bodenbelag im Sondereigentum der einzelnen Wohnungseigentümer. Nach der gesetzlichen Wertung des § 14 Nr. 1 WEG sind die Wohnungseigentümer daher grundsätzlich befugt, nach eigenen Vorstellungen den Bodenbelag ihrer Wohnung zu ändern und zu wählen (BayObLG, WE 1994, 312 m.w.N.). Diese Gestaltungsbefugnis der Wohnungseigentümer endet dort, wo das Gemeinschaftseigentum beginnt, also beim Fußbodenaufbau jedenfalls an einer Trittschall-Dämmschicht auf der Rohdecke (OLG Düsseldorf, Beschluß vom 18.12.1996 – 3 Wx 311/ 94 –). Dem Landgericht ist auch einzuräumen, daß grundsätzlich bei der Entscheidung, ob durch die Wahl eines bestimmten Fußbodenmaterials ein Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG entsteht, auf objektivierbare Maßstäbe abzustellen ist und insofern insbesondere die Vorschriften der DIN Bedeutung gewinnen.
Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Eigentümer durch rechtsverbindliches Gemeinschaftsrecht – wie im vorliegenden Fall durch die Gemeinschaftsordnung – einen anderen, höheren Standard festgeschrieben haben. In diesem Fall ist nicht auf die DIN-Vorschriften, die nur einen Mindeststandard sichern, sondern auf die besonderen Festlegungen der individuellen Eigentümergemeinschaft abzustellen. Nach dem Wortlaut und Sinn des § 10 der Teilungserklärung, wie er
sich für den objektiven Betrachter als naheliegende Auslegung erschließt, zielt diese Bestimmung auf die Wahrung des baulich vorgegebenen Standards im „Rheinsternhaus” ab. Sie erweitert den Schutzumfang des § 14 Nr. 1 WEG, indem sie „Um-, An- und Einbauten sowie größere Installationen” unbeschadet der Eigentumsfrage der Zustimmung des Verwalters unterwirft und diesem eine Versagungskompetenz verleiht, falls die genannten baulichen Maßnahmen für andere Miteigentümer nachteilig sind. Damit wird das Recht der Sondereigentümer, mit ihrem Eigentum nach eigenem Gutdünken zu verfahren, über die gesetzliche Wertung des § 14 Nr. 1 WEG hinaus insofern eingeschränkt, als jede nicht unerhebliche Verschlechterung des nachbarschützenden Standards der Wohnungseigentumsanlage grundsätzlich
verboten werden kann. Die Zulässigkeit der nach der Teilungserklärung weit auszulegenden baulichen Veränderungen innerhalb des Sondereigentums orientie...