Leitsatz

Die Erhöhungsgebühr des § 6 BRAGO ist bei Vertretung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nur dann im Rahmen von § 91 ZPO festsetzbar, wenn nach den gesamten Umständen des Einzelfalls eine Prozeßstandschaft des Verwalters nicht zweckmäßig, sondern vielmehr ein Auftreten der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft als zur Rechtsverteidigung notwendig anzusehen war.

 

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümergemeinschaft machte gegen eines ihrer Mitglieder rückständige Wohngelder gerichtlich geltend. Nach dem Verwaltervertrag war der Verwalter ermächtigt, Ansprüche der Gemeinschaft im eigenen Namen als Prozeßstandschaftler geltend zu machen. Gleichwohl beteiligten sich alle übrigen Wohnungseigentümer an dem Rechtsstreit und beauftragten einen Rechtsanwalt mit deren Vertretung. Der säumige Wohnungseigentümer wurde zur Zahlung des Wohngeldes sowie zur Kostenerstattung der notwendigen Kosten der übrigen Wohnungseigentümer verpflichtet. Der von den Wohnungseigentümern beauftragte Rechtsanwalt fordert nunmehr die Erhöhungsgebühr des § 6 BRAGO, die die Eigentümergemeinschaft zusätzlich von dem Wohnungseigentümer begehrt.

 

Entscheidung

Dieses Begehren hatte hier keinen Erfolg, da es vorliegend weder nötig noch statthaft war, daß sich sämtliche Wohnungseigentümer als sog. Antragsteller an dem Rechtsstreit beteiligten.

Zum besseren Verständnis zunächst einige Vorbemerkungen zu den im Leitsatz erwähnten Paragraphen: § 6 BRAGO bestimmt, daß der Rechtsanwalt, der in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig wird, entsprechend der Anzahl der vertretenen Auftraggeber seine Gebühren in einem bestimmten Rahmen erhöhen darf. Treten also die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft als Auftraggeber auf, so vertritt der Anwalt mehrere Personen bzw. Auftraggeber und kann demnach seine Gebühren entsprechen erhöhen. Vertritt der Rechtsanwalt hingegen nur den in Prozeßstandschaft für die Wohnungseigentümer handelnden Verwalter, so hat er nur einen Auftraggeber - den Verwalter - und kann demnach keine Gebührenerhöhung festsetzen.

§ 91 ZPO bestimmt, daß die unterliegenden Partei - hier der säumige Wohnungseigentümer - die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten hat, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Hierbei ist zu beachten, daß jede Partei die Kosten die sie im Fall ihres Obsiegens vom gegnerischen Beteiligten erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich das mit der Wahrung ihrer berechtigten Interessen vereinbaren läßt.

Die beim beauftragten Rechtsanwalt angefallene Erhöhungsgebühr, die durch ein Handeln in Prozeßstandschaft hätte vermieden werden können, kann nur dann vom Gegner erstattet verlangt werden, wenn nach den gesamten Umständen eine Prozeßstandschaft nicht zweckmäßig und ein Auftreten der gesamten Wohnungseigentümer als notwendig anzusehen war. Diese Frage kann nun selbstverständlich nicht generell mit Ja oder Nein beantwortet werden, da stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind. Und bei entsprechender Beurteilung war hier zu allererst auf die entsprechende Regelung im Verwaltervertrag einzugehen, nach der der Verwalter berechtigt und verpflichtet war, Ansprüche der Gemeinschaft gegen Dritte oder einzelne Wohnungseigentümer im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen.

Weiter und dabei ganz entscheidend war auf die Schwierigkeit des in Rede stehenden Rechtsstreits einzugehen. Und hierbei war klar festzustellen, daß die geltend gemachten Wohngeldansprüche absolut unproblematisch waren. Die Geltendmachung dieser Ansprüche hätte ohne Beeinträchtigung der berechtigten prozessualen Interessen der Gemeinschaft ohne weiteres in Prozeßstandschaft erfolgen können.

 

Link zur Entscheidung

LG München I, Beschluss vom 27.05.1998, 1 T 8299/98

Fazit:

Achtung: Der Rechtsanwalt selbst hat mit derlei Streitereien nichts zu tun, ihm kann es also egal sein, wie ein Gericht in vergleichbarer Sachlage entscheidet. Er hat seine Erhöhungsgebühr in jedem Fall verdient, denn er hatte ja tatsächlich mehrere Auftraggeber. Im Innenverhältnis zu seinen Auftraggebern - also den Wohnungseigentümern - hat er Anspruch auf diese Erhöhungsgebühr. Wie die Entscheidung zeigt, kommt es für die Wohnungseigentümer darauf an, ob sie diese aus eigener Tasche zu zahlen haben oder aber vom Gegner erstattet bekommen.

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