Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 23 WEG, § 24 WEG
Kommentar
1. "Amore" gab es in dieser Gemeinschaft offensichtlich nicht, da ein Eigentümer Beschlüsse anfocht und sogar deren Nichtigkeitsfeststellung beantragte, weil die Eigentümerversammlung zunächst in den Innenräumen einer Gaststätte, sodann im Restaurant-Vorgarten nahe einer Hauptverkehrsstraße stattfand. In allen drei Instanzen wurden jedoch im Wesentlichen die gestellten Anträge als unbegründet zurückgewiesen.
2. Festzuhalten bleibt, dass etwaige formelle Mängel bei der Einberufung und Durchführung von Eigentümerversammlungen in der Regel nur zur Anfechtbarkeit von Eigentümerbeschlüssen führen, wohingegen aus Gründen der Rechtssicherheit (BGH, NJW 70, 1316) Nichtigkeit von Beschlüssen nur in Ausnahmefällen gegeben ist (Sittenwidrigkeit, Verstoß gegen zwingende gesetzliche Verbote oder unabdingbare Regelungen oder absolute Unzuständigkeit der Eigentümerversammlung zur Beschlussfassung). Wenn vorliegend die Versammlung in öffentlich zugänglichen Gaststättenräumen, später im Vorgarten in Nähe einer Hauptverkehrsstraße abgehalten wurde, führt dies jedenfalls nicht zur Beschlussnichtigkeit.
3. Aber auch formelle Mängel bei der Beschlussfassung in einer Wohnungseigentümerversammlung führen nicht zur Ungültigkeit von (angefochtenen) Eigentümerbeschlüssen, wenn festzustellen ist, dass sich die Mängel nicht auf die Beschlussfassung ausgewirkt haben (Kausalitätserwägungen!).
Wohnungseigentümerversammlungen sind nicht-öffentliche Veranstaltungen (BGHZ 99, 90 = NJW 87, 650 und BGHZ 121, 236 = NJW 93, 1329). Ein Versammlungsraum muss nun grundsätzlich so geschaffen sein, dass eine ordnungsgemäße Durchführung der Wohnungseigentümerversammlung gewährleistet ist. Fremder Einfluss ist von einer Versammlung fernzuhalten; damit soll ein ungestörter Ablauf der Versammlung gesichert und einer unnötigen Verbreitung interner Angelegenheiten in der Öffentlichkeit vorgebeugt werden (OLG Hamm, WE 90, 97). Insbesondere bestehen Bedenken gegen eine Versammlungsabhaltung in einem nicht abgetrennten, öffentlich zugänglichen Gaststättenraum, weil damit die Vertraulichkeit der Beratungen und der freie Austausch der Gedanken nicht gewährleistet werden kann (OLG Frankfurt, NJW 95, 3395). Im vorliegenden Fall waren zunächst die Eigentümer in einem vom sonstigen Gastraum des Lokals nur durch eine 1,20 m hohe massive Abtrennung abgegrenzten Nebenraum alleine; nachdem dort andere Besucher Platz genommen hatten, wechselte die Gemeinschaft in den Vorgarten der Gaststätte und hielt sich dort wieder allein auf (wenn auch etwa nur 10 m zum Fahrbahnrand mit nicht unerheblichem Verkehrsaufkommen entfernt). Die Diskussion soll der Verkehrslärm allerdings nicht über Gebühr beeinträchtigt haben.
Das Tatsachengericht ging bei den gerügten formellen Mängeln nicht von feststehender Kausalität aus, also der Tatsache, dass sich die gerügten Mängel auf die Beschlussergebnisse ausgewirkt hätten (vgl. zum Vereinsrecht BGH, NJW 73, 235; zum Gesellschafterbeschluss einer GmbH, BGH, NJW 54, 1563 und BGH, NJW 72, 1320; zum Wohnungseigentumsrecht BayObLG, NJW-RR 86, 813, WE 93, 169 und OLG Hamm, WE 96, 83). Diese Rechtsprechung nimmt auch Rücksicht darauf, dass andernfalls bei nur formellen Beschlussrügen wichtige Beschlüsse rückwirkend beseitigt werden könnten und ggf. einer Wiederholung bedürften, was für alle Beteiligten zusätzlichen Aufwand bedeutete; manche Beschlüsse könnten sogar wegen Zeitablaufs überhaupt nicht mehr nachgeholt werden. Somit war die Feststellung des LG zu bestätigen, dass sich die beanstandeten äußeren Umstände bei der Beschlussfassung jedenfalls nicht entscheidend auf die angefochtenen Eigentümerbeschlüsse ausgewirkt hätten (was neuerlich im Einzelnen in der Entscheidung nochmals belegt wurde).
Wenn auch das OLG Frankfurt (NJW 95, 3395) den Gegenbeweis der Nichtkausalität des formellen Mangels ausgeschlossen hat, wenn eine Eigentümerversammlung in einem offenen Gastraum einer Gaststätte stattgefunden hat, besteht gleichwohl keine Vorlagepflicht des Senats nach § 28 FGG zum BGH; es kann nämlich dahinstehen, ob sich aus der vorzitierten BGH-Rechtsprechung nicht zwingend eine andere Beurteilung ergäbe (vgl. hierzu auch Drasdo, WM 96, 135). Im vorliegenden Fall fand nämlich die Versammlung keineswegs während der gesamten Dauer in einem frei zugänglichen Gaststättenraum und in Anwesenheit anderer Gäste statt, vielmehr wurde zur Aufrechterhaltung der Vertraulichkeit später der Vorgarten aufgesucht, wo nur minderschwere Beeinträchtigungen auftraten (auch von Antragstellerseite nicht als zu gravierend empfunden).
4. Der Senat befasste sich in anschließender Begründung auch mit sachlichen Gültigkeitsfragen aller angefochtenen Beschlüsse, die im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung als gültig bestätigt wurden.
5. Keine außergerichtliche Kostenerstattung in der Rechtsbeschwerdeinstanz bei Geschäftswertansatz für die III. Instanz von DM 15.000,-.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 30.04.1997, 24 W 5809/96).
zu Gru...