Leitsatz

Bestandskräftiger Eigentümerbeschluss kann selbstständige Anspruchsgrundlage für eine Schadensersatzforderung gegen einen Miteigentümer schaffen (hier: Erstattung von Reinigungs- und Schadenermittlungskosten an einer Hebeanlage)

 

Normenkette

(§§ 5 Abs. 2 , 21 Abs. 1 und 4 , 23 Abs. 1 WEG)

 

Kommentar

  1. Ein Eigentümer hatte ein Teileigentum als China-Restaurant verpachtet. Im Keller des Gebäudes befand sich eine Hebeanlage, an der neben Gästetoiletten für das Restaurant auch einige Waschmaschinen für die Hausbewohner angeschlossen waren. Die Hebeanlage wurde im November 1998 defekt. Bei der Reparatur und anschließenden Funktionsüberprüfung wurde festgestellt, dass in großem Ausmaß Fettverunreinigungen aufgetreten waren. Eine Abwasserprobe ergab deutliche Hinweise auf das Vorhandensein von Nahrungsmittelfetten. Die Verwaltung zog daraus den Schluss, dass die Fettablagerungen in der Hebeanlage durch pflichtwidrige Einleitung solcher Nahrungsmittelfette aus dem Gaststättenbetrieb im Teileigentum des Antragsgegners stammten.

    Daraufhin beschloss die Gemeinschaft, den Teileigentümer zur Zahlung der bisher entstandenen Reinigungs- und Schadensüberprüfungskosten zu verpflichten und mangels fristgemäßer Zahlung ein gerichtliches Verfahren zur Durchsetzung der Kostenerstattung einzuleiten. Dieser Beschluss wurde nicht angefochten und bestandskräftig.

  2. Entgegen der Auffassung des LG ergibt sich der Zahlungsanspruch bereits aus dem bestandskräftig, nicht nichtigen Eigentümerbeschluss, der den zugrunde liegenden Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung konkretisiert und verbindlich festlegt. Nach einer durch das Rechtsbeschwerdegericht selbstständig vorzunehmenden Auslegung ergibt der Inhalt des Beschlusses bereits eine Zahlungsverpflichtung. Der Beschluss weist also nicht nur auf einen als bereits bestehend erachteten Anspruch hin. Damit erschöpft sich der Beschluss auch nicht in einer reinen Ermächtigung zur zwangsweisen Durchsetzung eines behaupteten Anspruchs, sondern enthält selbst die Verpflichtung zum Ersatz des entstandenen Schadens, also einen im Einzelnen konkretisierten und festgelegten Anspruch.

    Nach überwiegender Rechtsprechung wird es für möglich erachtet, dass durch Eigentümerbeschluss einzelnen Eigentümern Verpflichtungen auferlegt werden können. Solche Beschlüsse sind auch nicht nichtig (im Sinne der BGH-Entscheidung v. 20.9.2000), sondern liegen innerhalb der Kompetenz der Eigentümer zur Beschlussfassung. Bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus der Beschädigung von Gemeinschaftseigentum (zu der die Hebeanlage gem. § 5 Abs. 2 WEG rechnet) handelt es sich um eine Verwaltungsmaßnahme im Sinne des § 21 WEG; zuständig ist insoweit die Gesamtgemeinschaft.

    Zum Zeitpunkt des Beschlusses gingen auch die Eigentümer davon aus, dass der Antragsgegner bzw. sein Pächter als Verursacher des Schadens anzusehen sei; dieser damaligen Erkenntnis lag auch eine sorgfältige Schadensanalyse zugrunde. Inhaltlich nichtig ist jedoch ein solcher Beschluss selbst dann nicht, wenn sich aufgrund späterer Erkenntnisse tatsächliche Zweifel an der Anspruchsberechtigung ergeben sollten. Somit waren im vorliegenden Fall auch nicht mehr Ursächlichkeiten einer Pflichtverletzung bzw. Fragen des (alleinigen) Verschuldens des Antragsgegners abzuklären. Auch die Frage, ob ein unterstellter Schadensersatzanspruch tatsächlich besteht, gehört in den Bereich ordnungsgemäßer Verwaltung und wäre nur bei fristgemäßer Beschlussanfechtung erörterungsbedürftig.

  3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert von 2.752,80 EUR.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 15.01.2003, 2Z BR 101/02)

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