1 Leitsatz
Beschlüsse, die von einem anerkannt unbefugten Wohnungseigentümer einberufen werden, sind nichtig.
2 Normenkette
§ 24 Abs. 1 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer X beruft eine Versammlung ein. Auf dieser Versammlung werden 3 Beschlüsse gefasst. Wohnungseigentümer K geht gegen diese Beschlüsse vor. Fraglich ist, ob die Beschlüsse anfechtbar oder nichtig sind.
4 Die Entscheidung
Das LG meint, die Beschlüsse seien nichtig! Wohnungseigentümer X habe die WEG-Regeln über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums systematisch missachtet. Er habe als nicht dazu ermächtigter oder sonst dazu befugter Wohnungseigentümer wiederholt sehenden Auges und bewusst zu einer Versammlung eingeladen. X habe gewusst, nicht befugt zu sein, eine Versammlung einzuberufen. Auf die Frage der Kausalität sowie darauf, ob die Beschlüsse auch aus anderen Gründen nichtig oder anfechtbar seien, komme es daher nicht an.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, ob Beschlüsse, die auf einer Versammlung gefasst werden, die ein offensichtlich unbefugter Wohnungseigentümer einberufen hat, nichtig oder nur angreifbar sind.
Einberufung durch Unbefugte
Ruft ein Nichtberechtigter die Versammlung der Eigentümer ein, sind auf dieser Versammlung gefasste Beschlüsse zwar anfechtbar, nach herrschender Meinung aber nicht nichtig. Notwendig ist allerdings, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes die Ladung zu einer Versammlung der Eigentümer von einer wenigstens potenziell für eine Ladung infrage kommenden Person ausgesprochen wird (Skauradszun, ZWE 2016, S. 61, 62). Eine Zurechnung kommt nur bei einer Ladung als Verwaltungsmaßnahme in Betracht, wenn die Person für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer handeln könnte. Für einen Wohnungseigentümer ist dies der Fall, wenn er nach einer Vereinbarung oder einem Beschluss oder durch die Ermächtigung des AG zu einer Einberufung in der Lage ist. Ist dies nicht der Fall, ist dem LG zuzustimmen, dass die Beschlüsse, die auf einer Versammlung gefasst werden, die durch einem absolut Unbefugten einberufen wurde, nichtig sind.
Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?
Die Verwaltung hat als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentumsanlage für die Einhaltung des Gesetzes, der Vereinbarungen und der Beschlüsse der Wohnungseigentümer zu sorgen. Lädt ein Wohnungseigentümer eigenmächtig zu einer Versammlung ein, ohne hierzu von Gesetzes wegen, durch eine Vereinbarung oder durch eine vom Gericht ausgesprochene Ermächtigung befugt zu sein, muss die Verwaltung einschreiten. Da Eile geboten ist, ist Rechtsschutz im Wege einstweiliger Verfügung zu suchen. Um hier keine Fehler zu machen, sollte die Verwaltung einen Rechtsanwalt einschalten. Hierzu ist sie wegen der Eilbedürftigkeit nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG auch befugt.
6 Entscheidung
LG Dortmund, Beschluss v. 3.3.2023, 1 S 196/22