Leitsatz
1. Ein Mangel der Einberufung zur Wohnungseigentümerversammlung steht der Wirksamkeit eines in dieser gefaßten Beschlusses dann nicht entgegen, wenn nach dem Abstimmungsergebnis auszuschließen ist, daß der Beschluß bei ordnungsgemäßer Einberufung anders ausgefallen wäre.
2. Die Abrechnung des Verwalters ist kein Jahresabschluß in Form einer Bilanz, sondern lediglich eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung mit der Aufteilung des Ergebnisses auf die einzelnen Wohnungseigentümer. Fällig gewordene, aber in dem betreffenden Wirtschaftsjahr noch nicht beglichene Rechnungen sind daher in den Jahresabschluß nicht einzustellen.
Sachverhalt
Der Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage wurde auf einer Eigentümerversammlung im Januar 1995 mit sofortiger Wirkung von seinem Amt abberufen, gleichzeitig wurde der zugrundeliegende Verwaltervertrag fristlos gekündigt. Grund: Der Verwalter hatte die Wohngeldberechnungen der Jahre 1992 und 1993 nicht erstellt und darüber hinaus ausstehende Wohngelder nicht beigetrieben.
Diesen Abberufungsbeschluß ficht der Verwalter nunmehr gerichtlich an und ist der Auffassung, die fristlose Kündigung konnte eine Beendigung des Verwaltervertrages erst zum 31.12.1995 bewirken, da die Einladung zu der Eigentümerversammlung nur die Abwahl des Verwalters nicht aber die fristlose Kündigung erfaßt habe.
Entscheidung
Der Argumentation des Verwalters konnte hier nicht gefolgt werden. Ist nämlich in dem Tagesordnungspunkt die Beschlußfassung über die sofortige Abwahl des Verwalters vorgesehen, so liegt es nahe, daß hierin auch die Beschlußfassung über die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages mitenthalten ist. Es würde daher fast einer bloßen Förmelei entsprechen, die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages ebenfalls auf die Tagesordnung zu setzen.
Unabhängig hiervon konnte in diesem Zusammenhang aber grundsätzlich nicht von einem Einberufungsmangel der Eigentümerversammlung ausgegangen werden, da bei vernünftiger Betrachtung auszuschließen ist, daß sich die Dinge anders entwickelt hätten, wäre die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages ausdrücklich im Einladungsschreiben enthalten gewesen.
Zum einen sprach hierfür die überragende Mehrheit, mit der der Verwalter seines Amtes enthoben wurde. Darüber hinaus sprachen auch triftige Gründe für die vorzeitige Abberufung und somit auch für die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages. Das erforderliche Vertrauensverhältnis war zerstört, den Eigentümern war unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht mehr zuzumuten. Zu den wesentlichen Aufgaben des Verwalters gehört es nämlich, für geordnete finanzielle Verhältnisse der Eigentümergemeinschaft zu sorgen. Dabei ist auch die Aufstellung der Jahresabrechnung eine der Hauptpflichten des Verwalters. Von wesentlicher Bedeutung in diesem Zusammenhang ist, daß die Abrechnung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Wirtschaftsjahres erstellt wird, so daß schnell Klarheit zwischen der Gemeinschaft und den einzelnen Wohnungseigentümern über Forderungen und Verbindlichkeiten besteht.
Da die Jahresabrechnung lediglich eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung - und eben keine Bilanz - ist, sind Ausgaben, die in dem betreffenden Wirtschaftsjahr zwar fällig, aber noch nicht beglichen worden sind, nicht in die Abrechnung mit einzustellen. Eine 15-montige Verzögerung kann daher nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, es hätten noch Handwerkerrechnungen gefehlt.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.09.1997, 4 W 71/97
Fazit:
Der Beschlußgegenstand muß grundsätzlich in der Tagesordnung so bezeichnet sein, daß die Geladenen erkennen können, was Gegenstand der Entscheidung sein soll. Nicht erforderlich ist aber, daß die Wohnungseigentümer bereits aus der Ladung von vornherein alle Einzelheiten des Gegenstandes übersehen und die Auswirkungen eines entsprechenden Beschlusses kalkulieren können.
Die Entscheidung zeigt jedoch in übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung auch, daß der Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" für Angelegenheiten untergeordneter Bedeutung grundsätzlich ausreichend ist.