Sachverhalt
Bei dem polnischen Verfahren ging es um es um die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und Art. 135 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. mit Art. 28 MwStSystRL. Fraglich war, ob die Versicherung eines Leasingobjekts durch den Leasinggeber und die Leasingleistung als solche zwei getrennte Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung darstellen. Für den Fall, dass die Versicherungsleistung eine Hauptleistung ist, fragte das Vorlagegericht, ob die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 28 MwStSystRL anwendbar ist, wenn (im Rahmen einer Dienstleistungskommission nach Art. 28 MwStSystRL) der Leasinggeber das Leasingobjekt versichert und dem Leasingnehmer die Kosten für die Versicherung in Rechnung stellt.
Die Klägerin, ein Leasingunternehmen, hatte den Leasingnehmern weiterbelastete Kosten für Haftpflicht-, Autokasko- und Unfallversicherung als steuerfreie Umsätze behandelt. Die polnische Finanzbehörde war der Ansicht, dass die in der Gewährleistung des Versicherungsschutzes bestehende Leistung eine Nebenleistung zu der Leasingleistung darstelle und mit dem polnischen Normalsteuersatz von 22 % besteuert werden müsse.
Entscheidung
Der EuGH hat seine bisherige Rechtsprechung bekräftigt, dass zwar grundsätzlich jede Leistung in der Regel als eigene und selbständige Leistung zu betrachten ist. Unter bestimmten Voraussetzungen sind jedoch mehrere formal eigenständige Leistungen, die getrennt erbracht werden und damit jede für sich zu einer Besteuerung oder Befreiung führen könnten, als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht voneinander unabhängig sind. Ein einheitlicher Umsatz liegt vor, wenn die Leistung aus zwei oder mehreren Elementen oder Handlungen besteht, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dies ist auch dann der Fall, wenn ein oder mehrere Elemente als Hauptleistung anzusehen sind, während andere Elemente als eine oder mehrere Nebenleistungen einzustufen sind, die steuerlich ebenso zu behandeln sind wie die Hauptleistung.
Zur Klärung der Frage, ob Leistungen mehrere voneinander unabhängige Leistungen oder eine einheitliche Leistung darstellen, sind die charakteristischen Merkmale des betreffenden Umsatzes zu ermitteln. Es gibt jedoch für die Bestimmung des Umfangs einer Leistung aus mehrwertsteuerlicher Sicht keine Regel mit absoluter Geltung; daher sind zur Bestimmung des Umfangs einer Leistung die Gesamtumstände zu berücksichtigen, unter denen der betreffende Umsatz getätigt wird. Die Rechnungsstellungs- und Preisbildungsmodalitäten können auf die Einheitlichkeit einer Leistung hindeuten. Dabei sprechen eine gesonderte Rechnungsstellung und eine eigenständige Bildung des Leistungspreises für das Vorliegen selbständiger Leistungen, ohne dass diesen Faktoren allerdings eine entscheidende Bedeutung zukommt.
Für den Fall des Ausgangsverfahrens weist der EuGH zunächst darauf hin, dass eine Leasingleistung und die Versicherungsleistung für das Leasingobjekt gemeinsam erbracht werden können. Zwischen der Leasingleistung und der Bereitstellung der Versicherung für das Leasingobjekt besteht eine Verbindung, weil der das Leasingobjekt betreffende Versicherungsschutz nur für das Leasingobjekt von Nutzen ist. Diese Verbindung alleine ist nach dem Urteil jedoch nicht ausreichend dafür, dass eine einheitliche Leistung anzunehmen ist. Wäre für die Steuerpflicht jedes Versicherungsumsatzes maßgebend, ob Leistungen, die sich auf den versicherten Gegenstand beziehen, der MwSt unterliegen, würde - so der EuGH - der Zweck von Art. 135 Abs. 1 Buchst. a der MwStSystRL, die Steuerbefreiung der Versicherungsumsätze, in Frage gestellt. Somit kommt der EuGH zum Ergebnis, dass eine Leasingleistung und die Bereitstellung einer Versicherung für das Leasingobjekt grundsätzlich nicht als derart eng miteinander verbunden angesehen werden können, dass sie einen einheitlichen Umsatz bilden. In einer getrennten Beurteilung derartiger Leistungen liegt an sich noch keine künstliche Aufspaltung eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs. Auch wenn eine Versicherungsleistung, die der Leasingnehmer über den Leasinggeber erlangt, die Nutzung der Leasingleistung erleichtert, ist nach dem EuGH-Urteil davon auszugehen, dass die Versicherungsleistung für den Leasingnehmer im Wesentlichen einen eigenen Zweck erfüllt und nicht nur das Mittel darstellt, die Leasingleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Dies gilt auch dann, wenn der Leasingnehmer von sich aus eine Versicherung des Leasingobjekts in Anspruch nimmt, da er prinzipiell in der Wahl des Versicherers frei ist. Insgesamt ist es aber Sache des nationalen Gerichts, die Einheitlichkeit der Leistung oder das Vorliegen mehrerer Hauptleistungen festzustellen.
Für den Fall, dass die Versicherungsleistung eine (eigenständige) Hauptleistung darstellt, hat der EuGH entscheiden, dass diese Leistung auch dann steuerfrei ist, wenn der Leasi...