Sächsisches Staatsministerium der Finanzen v. 14.11.1995, 34- S 3219a-5/18-63858
Anbei übersende ich einen Zweifelsfragenkatalog über die Zurechnung von Grundbesitz in bestimmten Fällen und soweit zur Klarstellung erforderlich deren grundsteuerlichen Behandlung mit der Bitte um Kenntnisnahme.
ZWEIFELSFRAGEN BEI DER ZURECHNUNG VON GRUNDBESITZ IM HINBLICK AUF DIE EINIGUNGSBEDINGTE RECHTSLAGE
1. Allgemeine Grundsätze über die Zurechnung von Grundstücken
1.1. Fragen zur Eigentümerschaft
Die Zurechnung von Grundstücken § 19 Abs. 3 Nr. 2 BewG) richtet sich nach § 39 AO. Danach sind Grundstücke grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer – d.h. demjenigen, der im Grundbuch eingetragen ist – zuzurechnen (Regeltatbestand gem. § 39 Abs. l AO).
Ausnahmsweise sind Grundstücke nicht dem zivilrechtlichen sondern dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen und zwar dann, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer über das Grundstück in einer Weise verfügt, die den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung ausschließt (Ausnahmetatbestand gem. § 39 Abs. 2 Nr. l AO). Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. l AO setzt voraus, daß die im Grundbuch als Eigentümer eingetragene Person die aus dem Eigentum gem. § 903 BGB erwachsene Verfügungsmacht über das Grundstück selbst nicht wahrnimmt, sondern das diese tatsächlich von einer anderen Person ausgeübt wird. In den Fällen des § 39 Abs. 2 Nr. l AO steht der sogenannte wirtschaftliche Eigentümer neben dem auf eine bloß formelle Rechtsposition herabgesetzten zivilrechtlichen Eigentümer.
Darüber hinaus sieht das Bewertungsgesetz noch spezielle Zurechnungsregelungen vor und zwar beim Erbbaurecht (siehe § 129 Abs. 2 BewG i.V.m. § 46 Abs. 2 RBewDV) und bei Gebäuden auf fremden Grund und Boden (siehe § 129 Abs. 2 BewG i.V.m. § 50 Abs. 3 BewG-DDR).
Von der steuerlichen Zurechnung zu unterscheiden und mit dieser nicht identisch ist die Frage, inwieweit ein Vermögensverwalter gem. § 34 Abs. 3 AO oder ein Verfügungsberechtigter gem. § 35 AO für denjenigen, dem das Grundstück zuzurechnen ist, steuerliche Pflichten zu erfüllen hat. Das Grundstück ist auch in diesen Fällen dem nach § 39 AO zu bestimmenden Eigentümer zuzurechnen. Der Vermögensverwalter bzw. Verfügungsberechtigte ist lediglich Adressat des Einheitswert- und Grundsteuermeßbescheides.
1.2. Wechsel des Eigentümers im Laufe des Kalenderjahres
Ein Wechsel des Eigentümers im Laufe des Kalenderjahres wirkt sich erst zu Beginn des folgenden Kalenderjahres aus und führt in der Regel zu einer Zurechnungsfortschreibung des Einheitswertes auf den neuen Eigentümer sowie zu einer Neuveranlagung des Grundsteuermeßbetrages (Stichtagsprinzip).
In den Fällen des rechtsgeschäftlichen Erwerbs ist dem Erwerber das Grundstück bereits mit Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten zuzurechnen, da er ab diesem Zeitpunkt bereits wirtschaftliches Eigentum § 39 Abs. 2 Nr. l AO) erlangt hat. Dies gilt unbeschadet eventuell noch ausstehender Genehmigungen nach der Grundstückverkehrsordnung (GVO). Zu beachten ist jedoch, daß wirtschaftliches Eigentum nicht rückwirkend erworben werden kann (Rückwirkungsverbot gem. § 38 AO).
Bei Grundstücksgeschäften wird zwischen den Parteien häufig vereinbart, daß die anteilige Grundsteuer für die Zeit nach dem Lastenwechsel vom Erwerber getragen wird. Es handelt sich dabei jedoch lediglich um einen zivilrechtlichen Ausgleich, der sich nicht auf die Zurechnung des Einheitswertes bzw. auf die Festsetzung des Grundsteuermeßbetrages im laufenden Kalenderjahr auswirkt.
1.3. Wirkung der Vermögenszuordnungsbescheide
In bestimmten Fällen wird durch Vermögenszuordnungsbescheid das zivilrechtliche Eigentum an einem Vermögensgegenstand bestimmt. Diese Eigentümerfestlegung gilt grundsätzlich nur für die Zukunft. Dies hat zur Folge, daß z.B. ein Grundstück bewertungsrechtlich dem durch den Vermögenszuordnungsbescheid bestimmten zivilrechtlichen Eigentümer erst auf den der Bestandskraft dieses Bescheides folgenden l. Januar zuzurechnen ist § 19 Abs. 3 Nr. 2 BewG i.V.m. § 39 Abs. l AO).
Soweit Vermögensgegenstände kraft Gesetz (nach dem Treuhandgesetz [TreuhG] oder nach Artikel 21 und 22 des Einigungsvertrages [EV]) übergehen, ist der Vermögensgegenstand dem Eigentümer bereits auf den sich nach dem Gesetz ergebenden Zeitpunkt (z.B. 03.10.1990) folgenden l. Januar zuzurechnen § 19 Abs. 3 Nr. 2 BewG i.V.m. § 39 Abs. l AO). In diesen Fällen wird der Vermögenszuordnungsbescheid zwecks Änderung des Grundbuchs zwar erteilt. Er hat jedoch nur deklaratorische Wirkung.
2. Fallgruppen der Vermögenszuordnung bei ehemaligem volkseigenen Vermögen
2.1 Volkseigene Wirtschaft
Für Grundstücke, die nach der Eigentumsordnung der ehemaligen DDR als „Eigentum des Volkes” eingetragen waren, hat der Gesetzgeber 1990 generell abstrakt unterschiedliche Regelungen (vorrangig im Einigungsvertrag und im Treuhandgesetz) darüber getroffen, wer unter der Geltung der Eigentumsordnung der Bundesrepublik Deutschland vorübergehend oder auf Dauer d...