Leitsatz

Geschiedene Eltern stritten sich nach Rechtskraft der Ehescheidung um das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn. Nachdem beide in dem Verfahren widerstreitende Anträge gestellt hatten, einigten sie sich im Termin zur Anhörung beim FamG über den Aufenthalt des Sohnes und auch darüber, dass es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verbleiben solle. Im Hinblick auf die Einigung wurde übereinstimmend Hauptsachenerledigung erklärt.

Die von der Verfahrensbevollmächtigten der Ehefrau beantragte Einigungsgebühr wurde von der Kostenbeamtin des FamG abgesetzt. Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wurde zurückgewiesen. Die Beschwerde hiergegen war erfolgreich.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Beschwerde gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG im Hinblick auf den Beschwerdewert von über 200,00 EUR für zulässig. In der Sache selbst war die Einigungsgebühr entstanden und festzusetzen.

Nach der Bestimmung der Nr. 1000 RVG-VV, die an die Stelle des § 23 Abs. 1 S. 1 und 2 BRAGO getreten ist, entsteht die Gebühr für die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Partei über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Dies gilt dann nicht, wenn der Vertrag sich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beschränkt.

Auch unter der Geltung der BRAGO war umstritten, ob der Rechtsanwalt in einem Sorgerechtsverfahren eine Vergleichsgebühr verdienen konnte. Als Begründung für die ablehnende Auffassung wurde vornehmlich darauf abgestellt, dass es an einer Verfügungsbefugnis der Eltern über das Sorgerecht fehle und ein Vergleich darüber nicht geschlossen werden könne.

Hieran kann jedenfalls nach dem In-Kraft-Treten des RVG nicht festgehalten werden. Anders als § 23 Abs. 1 S. 1 und 2 BRAGO setzt Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG für das Entstehen der Einigungsgebühr keinen Vergleichsvertrag i.S.v. § 779 BGB mehr voraus. Der Gesetzgeber ist von diesem Erfordernis bewusst abgerückt, um jegliche vertragliche Beilegung des Streits zu honorieren. Damit sind an eine vertragliche Regelung zur Streitbeilegung geringere Voraussetzungen zu stellen, als in einem Vergleich i.S.v. § 779 BGB. Es entspricht seit In-Kraft-Treten des RVG der herrschenden Auffassung, dass auch im isolierten Sorgerechtsverfahren eine Einigungsgebühr anfallen kann.

Die Voraussetzungen für eine in diesem Sinne zu verstehende Einigung der Eltern liegt vor. Nach zunächst widerstreitenden Anträgen zur elterlichen Sorge sind sie überein gekommen, dass es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verbleiben und das Kind seinen Lebensmittelpunkt auch weiterhin bei der Mutter haben soll.

Die Parteien haben somit durch gegenseitiges Nachgeben ihren bisherigen Streit beigelegt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14.12.2005, 2 WF 220/05

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