Leitsatz
In einem isolierten Sorgerechtsverfahren hatten die Parteien widerstreitende Anträge zur elterlichen Sorge gestellt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben sie nach Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie der Anhörung der Vertreterin des Jugendamtes und der Verfahrenspflegerin einen "Vergleich" geschlossen, wonach es bei dem gemeinsamen Sorgerecht verbleiben sollte.
Nach Abschluss des Verfahrens machte der dem Ehemann im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt ggü. der Justizkasse die bei ihm entstandenen Gebühren und Auslagen geltend. Er beantragte u.a. die Festsetzung einer Einigungsgebühr nach RVG VV-Nr. 1000. Die Festsetzung und Erstattung einer Einigungsgebühr erfolgte nicht. Die hiergegen von dem Verfahrensbevollmächtigten des Ehemannes eingelegte Erinnerung wurde vom FamG zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde erwies sich als zulässig und begründet.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Anders als das erstinstanzliche Gericht kam das OLG zu dem Ergebnis, eine Einigungsgebühr nach RVG VV-Nr. 1000 sei angefallen und antragsgemäß festzusetzen.
Die Einigungsgebühr entstehe "für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt werde". Ein solcher Vertrag sei vorliegend zwischen den Parteien in der Sitzung vor dem Familiengericht geschlossen worden. Beide hätten ursprünglich begehrt, die elterliche Sorge jeweils auf sich allein zu übertragen und den Antrag der Gegenpartei zurückzuweisen. Sie hätten sich dann im Rahmen des Vergleichs auf die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts geeinigt und den bis dato andauernden Streit über die Übertragung des alleinigen Sorgerechts beendet. Durch die Protokollierung des "Vergleichs" stehe fest, dass eine Einigung zustande gekommen sei.
Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors stehe der Annahme einer Einigungsgebühr nicht entgegen, dass die elterliche Sorge nicht der Disposition der Parteien unterliege. Die frühere Rechtsprechung, wonach die Entstehung einer Vergleichsgebühr abgelehnt wurde, weil das Gericht bei seiner Entscheidung nicht an einer Einigung der Beteiligten gebunden gewesen sei, sei überholt durch die Neufassung des § 1671 BGB, der in Abs. 2 Nr. 1 ausdrücklich bestimme, dass dem Antrag grundsätzlich stattzugeben sei, wenn der andere Elternteil zustimme. Zudem folge die Möglichkeit eines Vergleichs auch aus § 48 Abs. 3 RVG, der ausdrücklich einen Vertrag im Sinne der RVG VV-Nr. 1000 über die Sorge für ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind aufführe.
Auch die Rechtsprechung des BGH zum Protokollierungserfordernis sei überholt. Die Einigungsgebühr solle im Gegensatz zur Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO jegliche vertragliche Beilegung eines Streits honorieren und dadurch einen Anreiz schaffen, diesen Weg der Erledigung eines Rechtsstreits zu bestreiten. Unter der Geltung des RVG komme ist deswegen nicht mehr auf einen Vergleich i.S.v. § 779 BGB, sondern nur noch auf eine Einigung der Parteien an.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.05.2009, II-10 WF 10/09