Leitsatz

  1. Formlose Begründung eines schuldrechtlichen Nutzungsrechts
  2. Auslegung eines mangels Beschlusskompetenz nichtigen Beschlusses bei Allstimmigkeit als schuldrechtliche Vereinbarung
  3. Versammlungsprotokoll als Privaturkunde
 

Normenkette

(§§ 10 Abs. 1, 21 Abs. 1, Abs. 3, 23 Abs. 1, Abs. 4, 24 Abs. 6 WEG; § 154 BGB; §§ 256, 416 ZPO)

 

Kommentar

  1. Die Einräumung eines schuldrechtlichen Nutzungsrechts zu Gunsten eines Wohnungseigentümers bedarf grundsätzlich keiner Form. Fehlt eine Eintragung im Grundbuch, so ist sie als schuldrechtlicher Vertrag gegen Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht wirksam (vgl. § 10 Abs. 2 WEG), berührt aber die Bindung der Wohnungseigentümer, unter denen sie abgeschlossen wurde, nicht (h.M.). Für den Nachweis einer solchen schuldrechtlichen Vereinbarung ist insbesondere nicht die Aufnahme in einer Niederschrift über die Wohnungseigentümerversammlung erforderlich. Auch auf Unterschriften kommt es nicht an, zumal im vorliegenden Fall nicht ersichtlich ist, dass die Beteiligten die Wirksamkeit untereinander getroffener Vereinbarungen abweichend von der gesetzlichen Regel von der Schriftform hätten abhängig machen wollen (§ 125 S. 2 BGB).
  2. Bleibt zunächst offen, in welcher Größe dem Wohnungseigentümer ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht an einer Gemeinschaftsfläche eingeräumt werden soll, sind sich die Wohnungseigentümer aber über eine Mindestfläche einig, so kann jedenfalls über diese eine wirksame Vereinbarung zustande kommen.
  3. Eine in Beschlussform gekleidete Regelung kann, wenn ihr Gegenstand mangels Beschlusskompetenz einer Mehrheitsentscheidung nicht zugänglich ist, bei Allstimmigkeit der Wohnungseigentümer als schuldrechtlich bindende Vereinbarung ausgelegt werden (BayObLG v. 23.5.1990, BReg 2 Z 46/90, NJW-RR 1990, 1102; BayObLG v. 8.5.1991, BReg 2 Z 33/91, NJW-RR 1992, 81; BayObLG v. 14.11.1991, BReg 2 Z 140/91, NJW-RR 1992, 403; BayObLG v. 28.3.2001, 2Z BR 138/00, BayObLGZ 2001, 73, 76; OLG Hamm v. 10.9.1996, 15 W 236/96, WE 1997, 32 = ZMR 1996, 671; OLG Düsseldorf v. 14.2.2001, 3 Wx 392/00, DWE 2001, 152, 153).
  4. Für die Feststellung, dass die Niederschrift einer Eigentümerversammlung keine rechtlichen Wirkungen entfaltet, fehlt jedenfalls dann ein Feststellungsinteresse, wenn die Echtheit der Urkunde unstrittig ist. Ein Versammlungsprotokoll ist eine bloße Privaturkunde, der für ihren Inhalt keine erhöhte Beweiskraft zukommt. Zwar kann die Unechtheit einer (Privat-)Urkunde als Tatfrage einer feststellenden Entscheidung zugänglich sein; dabei geht es jedoch um die Echtheit der Unterschrift, nicht um die inhaltliche Richtigkeit, zu der etwa auch der Beweis des Datums gehört. Über die Wirkungen einer echten, aber nachunterzeichneten Privaturkunde ist schon aus Gründen der Prozessökonomie im jeweiligen Verfahren, in der die Privaturkunde als Beweismittel verwendet werden soll, zu befinden.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 13.06.2002, 2Z BR 1/02, ZMR 11/2002, 848 = NZM 17/2002, 747)

Anmerkung

Zu Abgrenzungsfragen "Beschluss oder Vereinbarung" vgl. auch Wenzel in FS für Deckert, S. 517 ff.

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