Leitsatz
Eine geschiedene Ehefrau nahm den geschiedenen Ehemann fast 20 Jahre nach der Scheidung auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch. Sie berief sich auf eine während der Ehe angelegt gewesene Erkrankung, die erst im Jahre 1997 bei ihr zur vollen Erwerbsunfähigkeit geführt habe.
Sachverhalt
Die Parteien waren von 1968 bis 1983 miteinander verheiratet. Aus ihrer Ehe war ein im Jahre 1970 geborener Sohn hervorgegangen. Während des Zusammenlebens der Eheleute bis zum Sommer 1980 war die Ehefrau nicht berufstätig. Ende 1980 nahm sie zunächst eine Halbtagstätigkeit auf, die sie ab 1.12.1983 auf eine 35-Stunden-Tätigkeit ausweitete und im September 1996 beendete.
Der geschiedene Ehemann war aufgrund eines Urteils des OLG aus dem Monat Dezember 1981 zur Leistung von Trennungsunterhalt i.H.v. monatlich 725,00 DM verurteilt worden. Der von der Ehefrau geltend gemachte Anspruch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts wurde von dem erstinstanzlichen Gericht zurückgewiesen. Ein Prozesskostenhilfeantrag für das Berufungsverfahren war abschlägig beschieden worden. Das Unterhaltsverfahren wurde danach nicht weitergeführt. Nachehelicher Unterhalt war von dem Ehemann zu keinem Zeitpunkt geleistet worden. Er lebte in einer neuen Partnerschaft, aus der im Jahre 1987 ein Sohn hervorgegangen war.
Mit ihrer Klage begehrte die geschiedene Ehefrau nachehelichen Unterhalt ab 1.8.2002. Sie berief sich hierbei auf eine während der Ehe angelegt gewesene Erkrankung, die im Jahre 1997 zur vollen Erwerbsunfähigkeit geführt haben. Seit 1997 bezog die geschiedene Ehefrau Erwerbsunfähigkeitsrente.
Erstinstanzlich war der geschiedene Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt worden. Hiergegen richtete sich seine Berufung. Sein Rechtsmittel war erfolgreich.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG war ein Unterhaltsanspruch der Klägerin wegen Krankheit vom Zeitpunkt der Scheidung an nicht ersichtlich. Sie habe im Jahre 1980, nach der Trennung der Parteien, eine halbschichtige Arbeit aufgenommen und diese im Jahre 1983 auf eine 35-stündige Tätigkeit pro Woche ausgeweitet. In diesem Umfang sei sie bis zum September 1996 tätig gewesen.
Allerdings sei zunächst für die Zeit nach der Scheidung der Parteien ein Kindesbetreuungsunterhaltsanspruch gemäß § 1570 BGB in Betracht gekommen. Bis zum Ende der notwendigen Kindesbetreuung habe der Klägerin dem Grunde nach ein solcher Anspruch gemäß § 1570 BGB gegenüber dem Beklagten zugestanden. Auch aus dem Prozesskostenhilfebeschluss des OLG Celle vom 21.1.1986 ergebe sich, dass aufgrund der eigenen Einkünfte der Klägerin seinerzeit eine Leistungsverpflichtung des Ehemannes auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt verneint wurde. Dem Grunde nach sei aber von einem Unterhaltsanspruch ausgegangen worden.
Zugunsten der Klägerin könne davon ausgegangen werden, dass eine erforderliche Betreuung des im Jahre 1970 geborenen Sohnes i.S.v. § 1570 BGB bis zum Jahre 1993 erfolgte. Dies im Hinblick auf eine von ihm im Kindesalter erlittene Meningitis und des hierdurch bedingten erhöhten Betreuungsbedarfs. Letztendlich müsse der Streit der Parteien, ob die erhebliche Ausweitung der Kinderbetreuungszeit angemessen sei oder nicht, jedoch nicht entschieden werden.
Gemäß § 1572 BGB sei ein Anspruch auf Krankheitsunterhalt nach Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nur dann gegeben, wenn eine lückenlose Unterhaltskette hinsichtlich der Unterhaltsanspruchstatbestände bestehe. Danach sei es erforderlich, dass eine im Einsatzzeitpunkt vorhandene Erkrankung des Unterhaltsberechtigten in einem nahen zeitlichen Zusammenhang zu dem Einsatzzeitpunkt sich so verschlimmere, dass eine teilweise oder vollständige Erwerbsunfähigkeit eintrete. Bei einem solchen Anschlussunterhalt sei dieser dann in dem Umfang gegeben, wie er im Zeitpunkt der weggefallenen Tatbestandsvoraussetzungen des vorangegangenen Unterhaltsanspruchs Bestand hatte. Mithin wäre bei einer teilweisen Erwerbsunfähigkeit jedenfalls im Umfang eines entsprechenden Teilbetrages ein Krankheitsunterhaltsanspruch gegeben. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH FamRZ 2001, 1291 ff.) sei ausreichend, wenn zum Einsatzzeitpunkt (hier zugunsten der Klägerin angenommen im Jahre 1993) die die Erwerbsunfähigkeit begründende Krankheit latent vorhanden war, jedoch später in einem noch zeitlichen Zusammenhang zum Einsatzzeitpunkt tatsächlich zu einer teilweisen oder vollständigen Erwerbsunfähigkeit geführt habe. Der erforderliche nahe zeitliche Zusammenhang zwischen dem Einsatzzeitpunkt und dem Eintritt der Erwerbsunfähigkeit wird bei einer Zeitspanne von mehr als 23 Monaten vom BGH verneint (BGH a.a.O.),
Nach Auffassung des OLG war nicht festzustellen, dass die Klägerin zum Einsatzzeitpunkt 1993 und danach bis 1996 ganz oder teilweise erwerbsunfähig war.
Die unterhaltsrechtliche Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin i.S.v. § 1572 BGB könne nicht auf den Grad der beschiedenen Behinderung i.S.d. § 56 Abs. 2 SGB VII gestützt werden. Unter Berücksich...