Zusammenfassung
Die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste nach der Einziehung seiner Geschäftsanteile kann ein GmbH-Gesellschafter im Wege einstweiligen Rechtsschutzes verhindern. Mit seinem Antrag bei Gericht sollte er aber nicht zu lange warten – daran erinnerte kürzlich das OLG München.
Sachverhalt
In dem vom OLG München entschiedenen Fall wehrte sich ein GmbH-Gesellschafter gegen die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste.
An der GmbH waren zwei Gesellschafter zu gleichen Teilen beteiligt; einer der Gesellschafter war zugleich der alleinige Geschäftsführer. In einer Gesellschafterversammlung beschloss der Gesellschafter-Geschäftsführer die Einziehung der Geschäftsanteile des anderen Gesellschafters. Er reichte zudem noch am selben Tag eine Gesellschafterliste zum Handelsregister ein, die den anderen Gesellschafter nicht mehr als Gesellschafter auswies.
Der von der Einziehung betroffene Gesellschafter reichte zwei Wochen später einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer ein. Dieser sollte verpflichtet werden, eine nochmals geänderte Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen, in der der Gesellschafter wieder aufgeführt sein sollte. Diesen Antrag nahm er jedoch nach einem gerichtlichen Hinweis, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht der richtige Antragsgegner sei – direkt wieder zurück. Einen neuen Antrag – jetzt gegen die Gesellschaft als richtige Antragsgegnerin – stellte er erst vier Monate später.
Nach Abweisung des Antrags durch das LG München I wandte sich der Gesellschafter mit der sofortigen Beschwerde an das OLG München.
Das Urteil des OLG München v. 18.5.2021 (Az. 7 W 718/21)
Die sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg. Das OLG München war der Ansicht, dass der Gesellschafter mit seinem Antrag zu lange gewartet habe und der Verfügungsgrund mittlerweile entfallen sei. Dass der Antrag bereits einmal gestellt und dann zurückgenommen wurde, rechtfertige keine andere rechtliche Bewertung.
Praxishinweis
Die Gesellschafterliste gibt wieder, wer im Verhältnis zur Gesellschaft als Gesellschafter gilt und damit zur Ausübung von Gesellschafterrechten (z.B. Stimm-, Teilnahme-, Rede- und Einsichtsrechten) befugt ist. Diese sog. Legitimationswirkung (§§ 16, 40 GmbHG) besteht selbst dann, wenn die Gesellschafterliste inhaltlich unrichtig ist. Die Legitimationswirkung spielt bei Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern eine entscheidende Rolle. Wenn beispielsweise ein (unwirksamer) Gesellschafterbeschluss über die Einziehung oder Zwangsabtretung der Geschäftsanteile eines Gesellschafters gefasst wird, kann er dagegen zwar Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage erheben. Eine Entscheidung ist regelmäßig aber erst nach Monaten oder gar Jahren zu erwarten. Wurde für die Zwischenzeit eine neue Gesellschafterliste beim Handelsregister hinterlegt, verliert der Gesellschafter für die Zeit bis zur Entscheidung die Möglichkeit, seine Gesellschafterrechte auszuüben.
Um seine Rechtsposition vorläufig zu sichern, kann der betroffene Gesellschafter sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste wehren. Sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Gesellschaft kann darauf gerichtet sein, dass keine neue Gesellschafterliste eingereicht wird oder – wie im Fall des OLG München – dass eine bereits eingereichte Gesellschafterliste korrigiert wird.
Damit eine einstweilige Verfügung vom Gericht erlassen wird, muss der Gesellschafter das Gericht nicht nur davon überzeugen, dass der Einziehungs- bzw. Zwangsabtretungsbeschluss unwirksam ist (Verfügungsanspruch), sondern auch einen Verfügungsgrund – also eine besondere Eilbedürftigkeit – glaubhaft machen. Er muss aufzeigen, dass eine Entscheidung in der Hauptsache nicht abgewartet werden kann und er auf den einstweiligen Rechtsschutz an-gewiesen ist. Wegen der Gefahr, durch die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste die Befugnis zur Ausübung von Gesellschafterrechten zu verlieren, ist ein Verfügungsgrund häufig gegeben (hierzu auch OLG München, Beschluss v. 18.5.2021, Az. 7 W 718/21). Ein Automatismus ist das aber nicht, wie das Urteil des OLG München zeigt. Der Verfügungsgrund kann nämlich entfallen, wenn der Antragsteller die Dringlichkeit durch sein eigenes Verhalten widerlegt (z.B. indem er wie vorliegend mehrere Monate mit dem richtigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wartet). Wer seine Rechtsposition sichern will, sollte Maßnahmen im einstweiligen Rechtsschutz daher zeitnah nach dem Einziehungs- bzw. Zwangsabtretungsbeschluss ergreifen.