Leitsatz
Die Beteiligten zu 1) und 2) hatten am 19.8.1993 die Ehe geschlossen. Durch Urteil des AG vom 10.8.2004 wurde auf Antrag der Ehefrau festgestellt, dass die Ehe jedoch nicht wirksam geschlossen worden war, weil die fehlende Registrierung der Eheschließungsstelle beim Generalkonsulat "nach iranischer Vorstellung keine Formvorschrift, sondern die unmittelbare Anwendung von Gottes Wort aus dem Koran" betreffe. Dies führe dazu, dass die Frage der Wirksamkeit der Eheschließung nicht nach Art. 13 Abs. 3 EGBGB, sondern nach dem Personalstatut der Eheschließenden, also dem iranischen Recht zu beurteilen sei.
Die Ehefrau hat sodann beantragt, nach § 15b Abs. 2 PStG die Änderung in das Familienbuch einzutragen. AG und LG sahen die Voraussetzungen für die Eintragung der beantragten Änderung in das Familienbuch als gegeben an. Hiergegen legte die für das Standesamt zuständige Aufsichtsbehörde Beschwerde ein, die in der Sache keinen Erfolg hatte.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das KG vertrat die Auffassung, eine Änderung sei in das Familienbuch dann einzutragen, wenn der Standesbeamte die entsprechenden Tatsachen für erwiesen erachte. Eingetragen werden sollte hier die Tatsache der Feststellung des Nichtbestehens der Ehe durch das seit dem 12.11.2004 rechtskräftige Urteil des AG.
Dieses Urteil des AG stelle keine Personenstandsurkunde dar, es habe nicht die Bedeutung der Eintragung in einem Personenstandsbuch. Nach § 15b Abs. 2 PStG habe der Standesbeamte daher auch keine eigene Prüfungspflicht (vgl. BGH, Urt. v. 4.10.1990 - XII ZB 200/87, MDR 1991, 438 = FamRZ 1991, 300 f.).
Im vorliegenden Fall sei zweifelhaft, ob die zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) geschlossene Ehe unwirksam war. Das AG sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Frage der Wirksamkeit der Eheschließung nicht nach Art. 13 Abs. 3 EGBGB, der auf die Formvorschriften des deutschen Ortsrechts abstelle, sondern gem. Art. 13 Abs. 1 EGBGB nach dem Personalstatut der Eheschließenden, somit hier nach iranischem Recht zu beurteilen sei. Dabei habe das AG die Qualifikation nach iranischem Recht vorgenommen, was durchgreifenden Bedenken begegne. Nach Auffassung des KG war insoweit auf das deutsche Rechtsverständnis abzustellen. Dies unter Hinweis auf seine frühere Entscheidung, wonach die Registrierung einer von iranischen Staatsbürgern in Deutschland geschlossenen Ehe bei der zuständigen iranischen Auslandsvertretung eine Formvorschrift darstelle, deren Nichtbeachtung - vorausgesetzt die deutschen Formvorschriften wurden beachtet - lediglich zu einer so genannten hinkenden Ehe führe. Dies bedeute, dass die Ehe gem. Art. 13 Abs. 3 EGBGB im Inland wirksam sei, auch wenn der Heimatstaat die Ehe mangels Beachtung der dortigen Formvorschriften nicht anerkenne.
Das KG kam zu der Auffassung, gleichwohl sei die durch rechtskräftiges Urteil des AG getroffene Feststellung des Nichtbestehens der Ehe zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) in das Familienbuch einzutragen. Nach der Rechtsprechung des BGH sei die vom Gericht zu treffende Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe von der Entscheidung darüber zu differenzieren, ob die Entscheidung in ein Familienbuch einzutragen sei.
Die Beschwerdeführerin könne auch nicht damit gehört werden, das Urteil des AG sei nicht der Rechtskraft fähig, weil es grundlegend gegen geltendes deutsches Recht verstoße. Grundsätzlich seien alle Zivilurteile der Rechtskraft fähig, soweit sie - wie hier - eine Rechtslage feststellten. Die Beschwerdeführerin hätte im Übrigen die Möglichkeit gehabt, das Urteil mit der Berufung anzugreifen und habe ihr fehlerhaft eingelegtes Rechtsmittel auf einen entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts zurückgenommen.
Auf die Rechtskraft des Urteils und damit dessen Eintragungsfähigkeit im Familienbuch habe all dies allerdings keinen Einfluss.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 06.07.2006, 1 W 373/05