Leitsatz
Die Ehe der Parteien war in England durch Urteil eines dortigen Gerichts unter Anwendung englischen Sachrechts geschieden worden. Die Ehefrau war deutsche, der Ehemann britischer Staatsangehöriger. Im Jahre 2005 machte die Ehefrau bei dem englischen Gericht in der Ehesache einen Antrag auf Regelung der Scheidungsfolgen anhängig.
Mit ihrer am 4.7.2006 erhobenen Klage begehrte sie in Deutschland vor dem AG die Zahlung nachehelichen Unterhalts von dem Ehemann. Anfang des Jahres 2008 schlossen die Parteien vor dem englischen Gericht eine Vereinbarung, wonach zur Abgeltung sämtlicher Scheidungsfolgen von dem Ehemann an die Ehefrau ein Betrag i.H.v. 30.500,00 GBP zu zahlen war. Danach erklärten die Parteien den in Deutschland rechtshängigen Unterhaltsrechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt. Das AG hat die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben. Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde des Ehemannes, die in der Sache Erfolg hatte.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG waren die Kosten des ersten Rechtszuges in Abänderung der angefochtenen Entscheidung der Klägerin aufzuerlegen, da der auf Zahlung nachehelichen Unterhalts gerichteten Klage der von Amts wegen zu berücksichtigende Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit entgegengestanden habe.
Nach der Rechtsprechung des BGH hindere die zeitlich früher eingetretene Rechtshängigkeit einer Streitsache im Ausland die Durchführung eines weiteren Verfahrens im Inland, wenn eine Identität der Streitgegenstände vorliege und mit der Anerkennung der von dem ausländischen Gericht zu treffenden Entscheidung zu Rechnen sei (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1985 - I ZR 1/83, NJW 1986, 2195 f.; v. 28.5.2008 - XII ZR 61/06, FamRZ 2008, 1409 [1410]).
Die Identität der Streitgegenstände wäre nicht gegeben, wenn die durch die Ehefrau bei dem Scheidungsgericht in England rechtshängig gemachte Forderung nicht unterhaltsrechtlich, sondern güterrechtlich zu qualifizieren sei. Hierzu verwies das OLG auf eine Entscheidung des EuGH, der den Begriff der Unterhaltssache in Abgrenzung zum ehelichen Güterrecht mit Blick auf Entscheidungen englischer Gerichte für das europäische Recht ausgelegt hat (EuGH Slg. 1997, I1 147 - van den Boogaard = IPRax 1999, 35 f.). Danach soll eine Entscheidung über Unterhaltspflichten immer dann vorliegen, wenn eine Leistung dazu bestimmt sei, den Lebensbedarf eines Ehegatten zu sichern oder wenn die Bedürfnisse oder die Mittel beider Ehegatten bei seiner Festsetzung berücksichtigt würden.
Bezwecke die Leistung dagegen die Aufteilung der Güter zwischen den Ehegatten, so betreffe die Entscheidung die ehelichen Güterstände. Eine Unterhaltssache könne unter Umständen auch in dem Begehren nach einer Pauschalzahlung oder einer Vermögensübertragung zu sehen sein, wenn dadurch der Unterhalt des Unterhaltsberechtigten gesichert werden solle.
Im vorliegenden Fall hatte die Ehefrau beim englischen Gericht eine Regelung der Scheidungsfolgen beantragt, die keine Vermögenszuweisungen, sondern Anordnungen zur finanziellen Versorgung der Klägerin zum Gegenstand haben sollte. Diese sollte auf Zahlung wiederkehrender Leistungen oder auf Anordnungen zur Sicherung der wiederkehrenden Geldleistungen gerichtet sein. Zwar habe sich der Antrag auch auf die mögliche Zahlung einer Pauschalsumme erstreckt. Dies stand nach Auffassung des OLG angesichts des weiten Unterhaltsbegriffs des EuGH der Annahme nicht entgegen, dass das englische Verfahren eine Unterhaltssache und nicht eine ausschließlich güterrechtliche Streitigkeit zum Gegenstand hatte. Damit habe festgestanden, dass die in England ergangene Entscheidung des zuerst angerufenen dortigen Gerichts in Deutschland anerkannt worden wäre, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedurft hätte.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Beschluss vom 14.10.2008, 17 WF 130/08