Leitsatz
Ein minderjähriges Kind - in Beistandschaft vertreten durch das Jugendamt - nahm seinen Vater auf Zahlung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren nach §§ 645 ff. ZPO in Anspruch. Der Antragsgegner wandte mit einem nicht unterschriebenen und unvollständig ausgefüllten Formularvordruck Leistungsunfähigkeit ein. Hiervon wurde die Antragsgegnerin über ihren Beistand in Kenntnis gesetzt. Gleichwohl wurde von dem Rechtspfleger des Amtsgerichts der beantragte Beschluss erlassen.
Sachverhalt
Die Parteien stritten über die Höhe des von dem Vater zu zahlenden Kindesunterhalt für ein im Jahre 1999 geborenes minderjähriges Kind, das in Beistandschaft nach § 55 KJHG durch das Jugendamt vertreten wurde. Der Vater wandte gegenüber dem Festsetzungsantrag über seine Verfahrensbevollmächtigten Leistungsunfähigkeit ein. Dem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten war der allerdings weder unterschriebene noch im dritten Abschnitt "Erklärung bei Einwand G oder H" ausgefüllte Formularvordruck "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" beigefügt. Das AG hat die Antragstellerin im Oktober 2001 über ihren Beistand von dem erhobenen Einwand in Kenntnis gesetzt und auf die Möglichkeit verwiesen, einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens zu stellen. Hierauf erfolgte keine Reaktion. Erst ein Jahr später kam das Jugendamt als Beistand auf die Angelegenheit zurück und beantragte unter Verweis auf die unvollständige Ausfüllung des Formularvordrucks durch den Antragsgegner erneut die antragsgemäße Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren. Diesem Antrag wurde - ohne nochmalige vorherige Unterrichtung des Antragsgegners oder nochmalige Anhörung - entsprochen. Gegen den in der Folgezeit ergangenen Beschluss hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt, der das AG nicht abgeholfen hat. Das OLG hielt die Beschwerde für zulässig und auch in der Sache begründet.
Entscheidung
Das OLG führt in seiner Entscheidung aus, der Festsetzungsbeschluss hätte schon deswegen nicht ergehen dürfen, da durch die Angaben in dem Formularvordruck "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" sowie den zur Glaubhaftmachung beigefügten Unterlagen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse deutlich die fehlende Leistungsfähigkeit zu entnehmen ist. Bei dieser Sachlage war ungeachtet der Bestimmung des § 647 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine gesonderte Erklärung des Antragsgegners nach § 648 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, wie sie der dritte Abschnitt "Erklärung bei Einwand G oder H" im Formularvordruck vorsieht, entbehrlich. Die fehlende eigenhändige Unterschrift des Antragsgegners auf seiner Formularerklärung rechtfertigt es nicht, die hierin erhobenen Einwände als unzulässig und daher unbeachtlich zu behandeln. Im Hinblick auf die gerichtliche Fürsorgepflicht sowie die lange Untätigkeit der Antragstellerin konnte der Antragsgegner zu Recht davon ausgehen, dass ihm vor Erlass einer für ihn nachteiligen Entscheidung Gelegenheit gegeben wird, eine für notwendig erachtete Unterschrift nachzuholen. Das OLG hält eine Unterzeichnung der Formularerklärung hier im vorliegenden Fall auch deswegen für entbehrlich, da sie als Anlage zu dem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten zur Akte gereicht wurde und ihm daher als verantwortliche Erklärung zugeordnet werden konnte.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 29.04.2005, 11 UF 73/05