Leitsatz
Die Eltern eines im Juni 2002 geborenen Kindes stritten sich um die elterliche Sorge und den Umgang. Aus ihrer am 04.05.2002 geschlossenen Ehe ging die am 25.6.2002 geborene Tochter hervor. Der Ehemann hatte darüber hinaus einen 8-jährigen Sohn aus einer früheren Ehe.
Im April 2002 ist die Ehefrau mit dem Kind aus der ehelichen Wohnung ausgezogen. Sie war als Beamtin Teilzeit mit 30 Std. wöchentlich tätig. Tagsüber wurde das Kind von ihren Eltern betreut.
Nach anfänglichen Problemen hinsichtlich des Umgangsrechts kam es einige Zeit nach der Trennung zu regelmäßigen Umgangskontakten zwischen Vater und Tochter, in deren Verlauf er Fotos von dem Intimbereich der Tochter fertigte, um zu belegen, dass das Kind hygienisch nicht ausreichend versorgt sei. Ein solches Foto wurde von der Ehefrau dem Jugendamt vorgelegt.
Seit Sommer 2005 besuchte die Tochter einen Kindergarten. Die Ehefrau hatte sie dort alleine und ohne Rücksprache mit dem Vater angemeldet. Nachdem dieser von dem Kindergartenbesuch der Tochter erfahren hatte, setzte er sich telefonisch mit der Leiterin des Kindergartens in Verbindung und erhob ihr gegenüber massive Vorwürfe.
Er behauptete, Hauptbezugsperson für das Kind zu sein. Die Mutter sei alkohol.- und online-süchtig und im Übrigen seien auch die Großeltern mütterlicherseits alkoholabhängig.
Der Vater hat beantragt, ihm die elterliche Sorge, hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen und ihm jedenfalls ein Umgangsrecht von mittwochs 18.00 Uhr bis sonntags 12.00 Uhr zu gewähren.
Die Ehefrau hat widerstreitende Anträge gestellt und ebenfalls die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich beantragt. Hinsichtlich des Umgangsrechts des Vaters mit der Tochter beantragte sie dessen Festlegung in 14-tägigem Rhythmus.
Das AG hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Ehefrau übertragen und im Übrigen die Anträge zur elterlichen Sorge zurückgewiesen. Ferner hat es eine weitgehende Umgangsregelung zugunsten des Ehemannes getroffen. Auch hierbei stützte es sich auf die Empfehlung der Gutachter.
Beide Eltern legten gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Das Rechtsmittel der Ehefrau war erfolgreich.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Auf die Beschwerde beider Parteien hat das OLG die elterliche Sorge auf die Ehefrau übertragen und das Umgangsrecht des Ehemannes auf die Wochenenden in 14-tägigem Rhythmus beschränkt. Aufgrund des Beschwerdevorbringens hatte das OLG die Sachverständigen um ergänzende Stellungnahme gebeten.
Das Beschwerdegericht kam zu dem Ergebnis, es sei von einer fehlenden Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern im Hinblick auf as Kind auszugehen.
Dies zeige zum einen die Schilderung der interventions-diagnostischen Exploration der Parteien durch die Sachverständigen. Dort habe sich gezeigt, dass die Parteien auf allen Ebenen, insbesondere auf der Paarebene, Streitpunkte hätten. Im Übrigen folgte das OLG der Einschätzung der Sachverständigen, wonach die Parteien sich durchgängig und wechselseitig der Lüge bezichtigten und auch aus diesem Grunde eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht komme.
Unter der gegebenen Voraussetzung sei dem Grunde nach und für alle das Kind betreffenden Angelegenheiten keine Kommunikation zwischen den Parteien möglich. Deshalb stelle sich die rigide Kommunikationsverweigerung der Ehefrau lediglich als Reaktion auf das Verhalten des Ehemannes dar. Im Hinblick darauf sei der Abbruch sämtlicher Kommunikationen mit dem Ehemann gerade im Hinblick auf seine gravierenden Grenzüberschreitungen nachvollziehbar und nicht vorwerfbar.
Das OLG hielt die Ehefrau nach den aus seiner Sicht überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen für erziehungsfähig. Auch die Kindeswohlkriterien sprächen für eine Übertragung der elterlichen Sorge auf sie.
Die vom OLG vorgenommene Einschränkung der Umgangsregelung aus dem angefochtenen erstinstanzlichen Beschluss wurde damit begründet, nur auf diese Weise könne die das Kindeswohl beeinträchtigende Beeinflussung des Kindes durch den Ehemann zurückgedrängt und das Kind in seinem aktuellen Erleben deutlich entlastet werden.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 16.11.2006, 3 UF 112/06