Leitsatz
Das OLG hat sich in dieser Entscheidung mit dem Antrag des Vaters eines nichtehelichen Kindes auf Einräumung des gemeinsamen Sorgerechts auseinandergesetzt.
Sachverhalt
Die Beteiligten waren die nicht miteinander verheirateten Eltern eines am 16.10.2007 geborenen Kindes. Der Kindesvater hatte die Vaterschaft anerkannt. Eine gemeinsame Sorgeerklärung hatten die Kindeseltern nicht abgegeben.
Die Eltern hatten nie zusammen gewohnt. Das Kind wurde seit seiner Geburt von der Kindesmutter betreut und versorgt. Der Vater zahlte regelmäßig Unterhalt und übte auch sein Umgangsrecht regelmäßig aus.
Im Oktober 2008 zog der Kindesvater mit seiner neuen Partnerin zusammen. Ab November 2010 steigerte sich die Umgangsfrequenz auf 8 Stunden an einem Tag eines jeden Wochenendes.
Die Kindeseltern kommunizierten ausschließlich schriftlich miteinander.
Der Kindesvater begehrte die Einräumung des gemeinsamen Sorgerechts für das Kind. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen von dem Vater eingelegte Beschwerde war erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG hat der Beschwerde stattgegeben und die gemeinsame Sorge für das Kind eingerichtet.
Unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010 (NJW 2010, 3008) komme die Übertragung der elterlichen Sorge für ein nicht in einer Ehe geborenes Kind auf den Kindesvater nicht nur dann in Betracht, wenn der Kindesmutter als alleiniger Sorgerechtsinhaberin die elterliche Sorge entzogen werden müsse und die Voraussetzungen für die Übertragung auf den Kindesvater nach § 1680 Abs. 3 i.v.m. § 1680 Abs. 2 S. 2 BGB vorlägen. Die Übertragung der alleinigen oder gemeinsamen elterlichen Sorge auf den Kindesvater eines nichtehelichen Kindes sei aufgrund der vorläufigen Anordnung des BVerfG vielmehr auf Antrag des Kindesvaters bereits dann vorzunehmen, wenn zu erwarten sei, dass dies dem Kindeswohl entspreche.
Das OLG wies sodann darauf hin, dass keine vorläufige Maßnahme zu treffen, sondern endgültig in den Grenzen des § 1696 BGB über die elterliche Sorge zu entscheiden sei, zumal das BVerfG eine Frist für die Änderung des Gesetzes nicht festgelegt habe.
Der Antrag des Kindesvaters sei begründet. Die Herstellung der gemeinsamen Sorge entspreche dem Wohl des Kindes. Zwischen ihm und dem Vater bestehe eine positive Bindung, die durch regelmäßige Umgangskontakte verfestigt sei, die seit mehreren Jahren ununterbrochen stattfänden.
Auch der Kindesvater zeige ebenso wie die Kindesmutter ein reges Interesse an den Belangen des Kindes und zudem eine deutliche Bereitschaft, sich positiv im Sinne der Kindesinteressen einzusetzen. Dabei akzeptiere er den Aufenthalt des Kindes bei der Kindesmutter. Differenzen betreffend Grundfragen der Erziehung und Betreuung beständen nicht.
Zwischen den Eltern bestehe eine langjährige tragfähige soziale Beziehung. Umgang und Unterhalt hätten außergerichtlich geklärt werden können, Auseinandersetzungen habe es allenfalls in vergleichsweise geringem Ausmaß gegeben.
Der derzeit nur qualitativ mangelhaften Kommunikation lägen keine unüberwindlichen Zerwürfnisse zugrunde. Die Verweigerung der Zustimmung durch die Mutter aus nicht kindeswohlbezogenen Motiven rechtfertige nicht den Ausschluss der gemeinsamen elterlichen Sorge. Im Übrigen bestehe die Überzeugung des Gerichts, dass es der grundsätzlich intellektuell beweglichen Kindesmutter gelingen werde, die bisherige starre Haltung zum Wohl des Kindes abzulegen.
Hinweis
Die gesetzlichen Regelungen der §§ 1626a Abs. 1 Nr. 1, 1672 Abs. 1 BGB sind nach der Feststellung des BVerfG mit Art. 6 Abs. 2 GG unvereinbar.
Der Referentenentwurf des BMJ zur aufgrund dessen erforderlichen Reform des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern sieht vor, dass die gemeinsame Sorge zu übertragen ist, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist auszugehen, wenn die Mutter auf den Antrag des Vaters hin schweigt oder keine erheblichen dagegen sprechenden Gründe vorträgt und solche Gründe auch nicht ersichtlich sind.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 31.01.2012, II-2 UF 168/11