Leitsatz
Die Kindeseltern hatten im Juli 2004 geheiratet. Im Oktober wurde die Tochter N. F. geboren, die an Mukoviszidose litt. Sie und die am 30.3.2006 geborene Tochter Q stammten nach Angaben der Kindesmutter, denen der Ehemann (Beteiligter zu 2.) nicht widersprach, von einem anderen Mann ab. Im Laufe des Jahres 2006 freundete sich die Kindesmutter mit einem neuen Partner an, der später regelmäßig in der Ehewohnung verkehrte. Angeblich im Frühjahr 2007 soll der Ehemann die Ehewohnung endgültig verlassen haben. Erst seit dieser Zeit will die Kindesmutter mit ihrem neuen Partner dauerhaft zusammengelebt haben, von dem sie sich im Herbst 2008 trennte. Ein Scheidungsverfahren war nicht anhängig.
Nach eigener Bekundung der Kindesmutter stellte sie in der Nacht vom 23. auf den 24.12.2006 fest, dass die im März 2006 geborene Tochter Q "mit erheblichen Schwellungen und blauen Flecken im Nacken hinter beiden Ohren, unter dem rechten Auge und an der Stirn im Bett gesessen" und geschrien habe. Die Tochter wurde daraufhin von ihr einem Kinderarzt vorgestellt, der den Verdacht auf Kindesmisshandlung äußerte. Die ältere Tochter N. F. wurde am 30. Januar 2007 wegen einer Unterarmfraktur stationär behandelt. Am 16.5.2007 brachte die Kindesmutter die Tochter N. F. wegen einer Oberschenkel-Fraktur oberhalb des rechten Knies erneut in ein Krankenhaus. Die behandelnde Ärztin teilte dem Jugendamt mit, die Mutter habe für diese Verletzung eine plausible Erklärung nicht vorgebracht. Daraufhin nahm das Jugendamt die Tochter in Obhut, leitete eine rechtsmedizinische Untersuchung ein und stellte am 23.5.2007 den Antrag, der Kindesmutter die elterliche im Wege einstweiliger Anordnung für beide Töchter zu entziehen. Beide Töchter lebten sodann in Pflegefamilien. Mit Beschluss vom 24.5.2007 hat das FamG der Stadt im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Personensorge übertragen.
Die Stadt hat beantragt, beiden Kindeseltern die gesamte elterliche Sorge für die Töchter N. F. und Q zu entziehen und sie dem Jugendamt als Vormund zu übertragen. Nach Einholung eines ergänzenden rechtsmedizinischen Gutachtens hat das FamG lediglich der Kindesmutter die elterliche Sorge für beide Töchter entzogen und auf das Jugendamt der Stadt als Vormund übertragen.
Hiergegen hat die Kindesmutter Beschwerde eingelegt, die in der Sache nur geringfügig Erfolg hatte.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG waren die Voraussetzungen für einen partiellen Sorgerechtsentzug weiterhin gegeben. Die Kindesmutter verfolge das Ziel der Rückkehr beider Kinder in ihre Obhut. Damit seien im jetzigen Zeitpunkt noch gegenwärtige Gefahren für das körperliche, geistige und seelische Wohl der Kinder verbunden, die nicht anders als durch die Aufrechterhaltung der Trennung von ihr verhindert werden könnten.
Die Erklärungsversuche der Kindesmutter für die von den Töchtern erlittenen Verletzungen seien nicht plausibel. Sofern die von der Tochter Q im Dezember 2006 erlittenen Verletzungen nicht durch die Kindesmutter selbst verursacht worden seien, seien sie jedenfalls durch eine Person verursacht worden, die sich mit ihrem Wissen und Wollen in der Nähe des Kindes aufgehalten habe.
Auch die von der jüngeren Tochter N. F. im Mai 2007 erlittene Oberschenkelfraktur deutete auf eine grobe Gewalteinwirkung gegen das Kind hin. Die Erklärungsversuche der Kindesmutter hierzu hätten sich als untauglich erwiesen.
Die dargestellten wiederholten Übergriffe auf die Kinder begründeten auch gegenwärtig noch die akute Gefahr, dass es bei einer Rückkehr in die Obhut der Kindesmutter zu weiteren erheblichen Misshandlungen komme. Ihre äußeren Lebensumstände hätten sich zwischenzeitlich nicht entscheidend geändert. Ein verlässlicher Schutz der Kinder vor schädlichen Einwirkungen sei derzeit nur über die Aufrechterhaltung der Trennung von der Mutter gewährleistet.
Allerdings bestehe derzeit kein Anlass, ihr das Sorgerecht vollständig zu entziehen. Dies sei erst dann der Fall, wenn eine effektive Kooperation mit dem Jugendamt in sämtlichen Bereichen überhaupt nicht möglich sei, weil sie an einer Bereitschaft oder den intellektuellen Fähigkeiten des betreffenden Elternteils scheitere. Weder das eine noch das andere sei im vorliegenden Fall feststellbar.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 10.02.2009, 3 UF 48/08