Leitsatz
Geschiedene Eltern einer im August 1999 geborenen Tochter stritten um die elterliche Sorge. Die Mutter beabsichtigte, gemeinsam mit der Tochter zu ihrem neuen Lebensgefährten an die Cote d'Azur in die Nähe von Nizza zu ziehen. Der Kindesvater wehrte sich gegen den Aufenthaltswechsel der Tochter nach Frankreich.
Sachverhalt
Aus der Ehe der seit November 2001 geschiedenen Eltern war eine am 23.8.1999 geborene Tochter hervorgegangen. Aus Anlass der Scheidung trafen die Eltern im September 2001 eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung, nach der sie das elterliche Sorgerecht für die Tochter, die ihren Wohnsitz bei der Mutter haben sollte, auch weiterhin gemeinsam ausüben wollten. Beide Eltern verzichteten darauf, eine Sorgerechtsregelung gemäß § 1671 BGB zu beantragen. Ferner trafen sie eine Vereinbarung über das Umgangsrecht des Vaters mit der Tochter.
Die Mutter nahm im September 2004 eine Beziehung zu ihrem späteren Ehemann, einem französischen Staatsangehörigen, auf, der als selbständiger Steuer- und Vermögensberater beruflich in Frankreich verwurzelt war und eine Tochter aus einer früheren Ehe hatte, die etwas älter war als die Tochter der Parteien.
Mitte des Jahres 2007 eröffnete die Kindesmutter dem Vater ihren Plan, dass sie vorhabe, mit der gemeinsamen Tochter zu ihrem neuen Lebensgefährten in die Nähe von Nizza zu ziehen.
Über einen Umzug der Tochter nach Frankreich konnten sich die Eltern nicht einigen. Infolgedessen beantragte der Kindesvater am 22.11.2007 die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich. Die Mutter reagierte mit einem entsprechenden Gegenantrag. Beide Eltern beanspruchten zudem das Recht, alleine über den Schulwechsel der Tochter zu entscheiden.
Anlässlich des Termins bei dem AG am 25.4.2008 wurde die Tochter persönlich angehört. Sie wirkte belastet und war erleichtert, als die Richterin ihr mitteilte, sie müsse nicht entscheiden, bei wem sie zukünftig leben wolle. Ca. 1 Stunde nach der Anhörung erschien die Tochter in Begleitung Mutter wieder bei der Familienrichterin und erklärte, sie würde mit Mama nach Frankreich gehen wollen und habe dies bislang alleine deswegen nicht gesagt, weil sie nicht wolle, dass ihr Vater traurig sei.
Das FamG hat daraufhin ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, welcher Elternteil auch unter Berücksichtigung des von der Mutter geplanten Aufenthalts- und Schulwechsels für die Tochter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind innehaben solle.
Mit Beschluss vom 19.9.2008 hat das FamG dem Vater das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter übertragen und die weitergehenden Anträge der Eltern zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Eltern über einen Aufenthalt des Kindes nicht hätten einigen können. Es sei daher die Aufhebung des gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrechts und dessen Übertragung auf den Vater das Beste für das Wohl des Kindes. Zwar sei das eingeholte Sachverständigengutachten vor allem im Hinblick auf die Tatsachenfeststellung angreifbar, teilweise jedoch verwertbar und bilde zusammen mit den Ausführungen des Lerntherapeuten und den durch die Anhörungen gewonnenen Erkenntnissen und den Ausführungen der Verfahrenspflegerin eine ausreichende Entscheidungsgrundlage.
Gegen diesen Beschluss hat die Kindesmutter Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, ihr das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen.
Ihr Rechtsmittel war erfolgreich.
Entscheidung
Dass es den Eltern an der für die gemeinsame Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts erforderlichen Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit mangele, zeigte sich nach Auffassung des KG bereits deutlich an dem Umstand, dass sie seit nunmehr zwei Jahren ohne jegliche Annäherung darüber stritten, ob die Tochter mit ihrer Mutter nach Frankreich ziehen könne oder bei ihrem Vater in Berlin bleiben solle. Es sei daher eindeutig und zwischen den Eltern auch nicht streitig, dass jedenfalls die Auflösung des gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrechts i.S.d. § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB dem Wohle der Tochter am besten entspreche, um das Kind nicht noch weitergehenden Konflikten der Eltern über ihren Aufenthalt auszusetzen.
Sei - wie hier - die Aufhebung des gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrechts geboten, so sei bei der Frage, welchem Elternteil dieser Teil der elterlichen Sorge zu übertragen sei, derjenigen Regelung der Vorzug zu geben, von der zu erwarten sei, dass sie im Sinne des Kindeswohls die bessere Lösung darstelle. Bei der prognostischen Beurteilung dieser Frage seien Erziehungseignung, Förderkompetenz, Bindungstoleranz der Eltern, Bindungen des Kindes, Kontinuität und Kindeswille zu beachten (BGH FamRZ 1985, 169; OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1953 und FamRZ 2008, 1474).
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte entsprach es nach Auffassung des KG dem Wohle der Tochter am besten, der Mutter das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen. Dies entspreche nicht nur dem Willen des Kindes. Die Mutter sei auch die Hauptbezugsper...